Robert Klatt
Der Konsum von LSD reduziert die Kommunikation zwischen den Hirnstrukturen und führt zu einer Art Halbschlaf.
Houston (U.S.A.). Lysergsäurediethylamid (LSD) verändert als Halluzinogen die Wahrnehmung der Realität stark. Bisher hat die Wissenschaft erforscht, welche Prozesse diese Effekte beim Menschen auslösen. Ein Team des Baylor College of Medicine hat sich nun näher damit beschäftigt, wie die „erweiternde Wahrnehmung“ bei den Konsumenten entsteht.
Laut ihrer Veröffentlichung im Fachmagazin Cell Reports führten die Wissenschaftler dazu Experimente mit Ratten durch, bei denen sie verglichen, wie viele Runden Tiere mit und ohne LSD-Konsum auf einer bekannten Laufstrecke liefen. Parallel dazu analysierten sie die Hirnaktivitäten im visuellen Kortex sowie im Hippocampus, der Region des Gehirns, die für das Gedächtnis wichtig ist.
Dabei stellte das Team um den Neurowissenschaftler Daoyun Ji fest, dass die unter dem Einfluss von LSD stehenden Tiere weniger Runden im Labyrinth absolvierten und sich langsamer bewegten als die Kontrollgruppen. Außerdem legten die Ratten häufiger Pausen ein, bei denen sie in eine Art Halbschlaf verfielen. Die Aktivität im Hippocampus und im visuellen Kortex war bei den LSD-Ratten signifikant geringer.
„Das bedeutet, dass die Neuronen weniger Impulse erzeugten, wenn sich das Tier auf dem Parcours bewegte, was sich wahrscheinlich auf die Klarheit der 'Landkarte' des Gehirns auswirkte“, so Ji. Gemeint ist mit dieser „Landkarte“ eine mentale Umgebungskarte, die die Tiere beim Fortbewegen bilden, um sich Wege merken zu können. Nötig ist dafür der visuelle Kortex, der die Informationen aufnimmt, sowie der Hippocampus, der die Umgebungsdaten speichert.
Ausgelöst wird dies laut der Studie, weil LSD die normale Nervenaktivität reduziert. Die Droge sorgt somit für eine schwächere Kommunikation zwischen den Hirnstrukturen und verhindert so das Aufrechterhalten der mentalen Karte. „Wir vermuten, dass LSD die Karte unscharf macht“, erklärt Ji.
Überdies waren die LSD-Ratten im Labyrinth sehr lethargisch. „Diese durch LSD ausgelösten Phasen der Inaktivität ähneln dem normalen Übergang vom Wachsein zum Einschlafen“, so der Neurowissenschaftler. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass LSD einen traumähnlichen Zustand auslöst. Auch die dabei aufgetretenen Hirnaktivitäten gleichen denen eines Traums.
Cell Reports, doi: 10.1016/j.celrep.2021.109714