Blutkrebs (Leukämie)

Lunge des Menschen bildet auch neue Blutzellen

 Robert Klatt

Blutzellen, die in der Lunge gebildet wurden )kcotS ebodAslleC ngiseD(Foto: © 

Man ist bisher davon ausgegangen, dass blutbildende Stammzellen beim Menschen nur im Knochenmark vorkommen. Nun wurde entdeckt, dass die Stammzellen auch in der Lunge existieren. Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, Patienten mit Blutkrebs (Leukämie) besser zu behandeln.

San Francisco (U.S.A.). Die Blutzellen des Menschen müssen regelmäßig erneuert werden, damit diese ihren unterschiedlichen Aufgaben nachkommen können. Alle Blutzellen entstehen aus den sogenannten blutbildenden Stammzellen aus dem Knochenmark. Diese Stammzellen können sich selbst erneuern und ausdifferenzieren. Studien mit Mäusen haben kürzlich gezeigt, dass blutbildende Stammzellen zudem in der Lunge existieren. Es war bisher jedoch unklar, ob diese Blutvorläuferzellen auch in der Lunge des Menschen vorkommen.

Forscher der University of California, San Francisco (UCSF) haben deshalb Lungengewebe, Knochenmark und Blut von menschlichen Organspendern analysiert und untersucht, welche Zelltypen in den Proben vorkommen.

Blutbildende Stammzellen im Lungengewebe

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Blood haben sie im untersuchten Lungengewebe tatsächlich blutbildende Stammzellen entdeckt, die den Stammzellen aus dem Knochenmark ähneln. Die Stammzellen kommen in beiden Organen etwa gleich oft vor.

„Die Lungen-HSCs waren keine Einzelstücke, sondern zuverlässig in der Lunge präsent.“

Die Untersuchung der Lunge zeigt, dass die Stammzellen nicht aus dem Knochenmark stammen, sondern tatsächlich in der Lunge sitzen. Sie befinden sich dort in kleinen Nischen zwischen den feinen Blutgefäßen des Organs.

„Sie scheinen wirklich dort zu leben und sind nicht nur auf der Durchreise.“

Rote Blutkörperchen und Blutplättchen

Experimente mit den Stammzellen aus der Lunge zeigen, dass diese ähnlich viele Blutzellen produzieren wie die Stammzellen aus dem Knochenmark. Die Stammzellen aus dem Knochenmark produzieren jedoch vor allem weiße Blutzellen und die aus der Lunge rote Blutkörperchen und Blutplättchen.

„Beide Arten von blutbildenden Stammzellen gediehen in unserem Stammzellexperiment, aber die Lungen-HSC-Kolonien produzierten mehr rote Blutkörperchen und plättchenbildende Megakaryozyten, während die Knochenmarkkolonien tendenziell mehr Immunzellen bildeten.“

Die Forscher haben zudem untersucht, ob die beiden Stammzellentypen einander vertreten können. Sie haben dazu genveränderten Mäusen ohne eigene blutbildende Stammzellen menschliche Stammzellen aus der Lunge implantiert. Anschließend haben die Tiere neue Blutzellen und neue Knochenmarksstammzellen produziert.

Außerdem zeigen Analysen von humanen Knochenmarkproben, dass diese nicht nur die typischen Stammzellen aus dem Knochenmark beinhalten, sondern auch Stammzellen mit der Proteinsignatur von Lungen-HSCs (15 %). Die Stammzellen aus den beiden Organen scheinen sich also bei der Blutbildung zu ergänzen und können einander neubilden. Laut den Forschern könnte dies bedeuten, dass die Blutstammzellen in der Lunge eine Art Sicherung sind.

„Wir glauben, dass diese Lungen-HSCs ein Reservoir für die Hämatopoese sein könnten, das aktiviert wird, wenn der Körper mehr von einem Teil des Blutes benötigt, sei es Blutplättchen, rote Blutkörperchen oder Immunzellen.“

Bessere Behandlung von Blutkrebs

Die Wissenschaftler halten es für denkbar, dass die neuen Erkenntnisse in Zukunft dabei helfen könnten, Menschen mit Blutkrebs (Leukämie) besser zu behandeln. Lebensnotwendige Blutstammzellen könnten demnach auch aus der Lunge entnommen werden.

„Seit Jahrzehnten ist die Knochenmarktransplantation ein Dreh- und Angelpunkt bei der Behandlung von Krebserkrankungen wie Leukämie. Die Lungen-HSCs könnten sich als zweites und bedeutendes Reservoir für diese wertvollen Stammzellen erweisen.“

Blood, doi: 10.1182/blood.2024027884

Spannend & Interessant
VGWortpixel