Robert Klatt
Probanden mit Adipositas konnten dank einer neuen Magnet-Kiefersperre schnell Gewicht verlieren. Kritiker vergleichen die Vorrichtung aber mit einem mittelalterlichen Folterapparat und sehen starke ethische Probleme.
Dunedin (Neuseeland). Wissenschaftler der University of Otago haben eine Magnet-Kiefersperre entwickelt, die an zwei Zähnen am Ober- und Unterkiefer befestigt wird. Sie soll Menschen mit Adipositas (Fettleibigkeit) beim Abnehmen helfen. Dies geschieht laut ihrer Publikation im British Dental Journal dadurch, dass die sogenannte „DentalSlim Diet Control“ ein Öffnen des Kiefers von mehr als zwei Millimeter verhindert.
Patienten mit der Magnet-Kiefersperre können somit nur noch flüssige Nahrung konsumieren. Das Atmen und Sprechen soll durch die Vorrichtung nicht eingeschränkt werden. Bei Panikattacken oder anderen Probleme soll sich das Gerät jedoch schnell öffnen lassen. Die Forscher um Paul A. Brunton bezeichnen ihre Entwicklung als „attraktive Alternative zu chirurgischen Eingriffen“, die Magenverkleinerungen überflüssig machen könnte.
In einer ersten Studie mit sieben Frauen kam es zu deutlichen Gewichtsverlusten. Innerhalb von zwei Wochen verloren die Probanden mit starkem Übergewicht im Mittel 6,36 Kilogramm. Der Not-Mechanismus zum Öffnen der Magnet-Kiefersperre wurde während der Studie von keiner Person benutzt und die Vorrichtung wurde als „erträglich“ beschrieben.
In unterschiedlichen sozialen Netzwerken wurde die Magnet-Kiefersperre trotz ihrer offensichtlich vorhandenen Wirksamkeit stark kritisiert. Besonders die ethischen Grundlagen der Versuche wurden infrage gestellt, weil die Vorrichtung laut einigen Kritikern „entmenschlichend und abstoßend ist“ und Ähnlichkeiten mit einem „mittelalterlichen Folterapparat“ besitzt. Auch die Adipositas Hilfe Deutschland erklärte gegenüber Deutschlandfunk Nova, dass der Einsatz der magnetischen Kiefersperre eine Stigmatisierung sei.
Laut einer Stellungnahme der University of Otago trifft dies jedoch nicht zu, weil die Magnet-Kiefersperre nur für den Kurzzeiteinsatz von maximal drei Wochen konzipiert wurde. Sie soll so Menschen helfen, die schnell viel Gewicht verlieren müssten, zum Beispiel für eine Operation, die ansonsten nicht möglich wäre.
British Dental Journal, doi: 10.1038/s41415-021-3081-1