Humidex-Wert von 62 °C

Menschen ertragen Hitze deutlich schlechter als gedacht

 Robert Klatt

Menschen haben geringe Hitzetoleranz )kcotS ebodAannA(Foto: © 

Die Grenzwerte für die Thermoregulation des Menschen sind deutlich geringer als bisher angenommen wurde. Menschen können sich also schlechter an die durch den Klimawandel zunehmend heiße und feuchte Erde anpassen.

Ottawa (Kanada). Forscher der Pennsylvania State University (PSU) haben bereits im März 2022 eine Studie publiziert, laut der die Hitzetoleranz des Menschen deutlich geringer ist, als in der Medizin zuvor angenommen wurde. Demnach können bei hoher Luftfeuchtigkeit bereits 31 Grad Celsius für einen gesunden, jungen Menschen tödlich sein.

Wissenschaftler der Universität Ottawa haben nun erneut untersucht, wie gut der Körper des Menschen mit heißen und feuchten Bedingungen umgehen kann. Die Untersuchung ist von hoher Relevanz, weil die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit durch den Klimawandel in fast allen Regionen der Erde zunehmen und Hitzewellen immer öfter auftreten.

Thermal-Step-Protokoll

Laut der Publikation im Fachmagazin PNAS haben die Forscher für die Studie das sogenannte Thermal-Step-Protokoll verwendet. Dabei wurden zwölf Probanden kontrollierten Bedingungen ausgesetzt, bei denen sowohl die Temperatur als auch die Luftfeuchtigkeit variierten. Sie konnten so einen Punkt identifizieren, ab dem die Thermoregulation der Teilnehmer nicht mehr möglich war.

Anschließend wurden die Probanden ganztägig Bedingungen ausgesetzt, die minimal über ihrer zuvor ermittelten individuellen Toleranzgrenze lagen. Dabei wurden sie Temperaturen von 42 Grad Celsius bei 57 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit ausgesetzt, was einem Humidex-Wert von rund 62 Celsius entspricht.

„Die Ergebnisse waren eindeutig. Die Körperkerntemperatur der Teilnehmer stieg kontinuierlich und ungebremst an, viele von ihnen konnten die neunstündige Belastung nicht zu Ende führen. Diese Daten liefern den ersten direkten Beleg für die Gültigkeit der Thermal-Step-Protokolle, die seit fast 50 Jahren zur Schätzung der oberen Toleranzgrenzen verwendet werden.“

Die Studie zeigt somit, dass die Hitzetoleranz des Menschen deutlich geringer ist, als in älteren Modellen angenommen wurde.

„Die Bedingungen, unter denen Menschen ihre Körpertemperatur effektiv regulieren können, sind tatsächlich deutlich niedriger, als es frühere Modelle angenommen hatten.“

Klimamodelle berücksichtigen die Thermoregulation des Menschen

Wie die Forscher erklären, sind die Ergebnisse von hoher Bedeutung, weil die Grenzwerte für die Thermoregulation auch in Klimamodelle einfließen. Forscher des King's College London (KCL) haben etwa kürzlich auf Basis der Grenzwerte der Thermoregulation ermittelt, dass rund ein Drittel der Erde für Senioren aufgrund des Klimawandels unbewohnbar wird.

„Unsere Erkenntnisse kommen zur rechten Zeit, da diese geschätzten Grenzwerte für die Thermoregulation zunehmend in groß angelegte Klimamodelle einfließen. Sie verdeutlichen zudem die starke physiologische Belastung, der der menschliche Körper bei langanhaltender Hitze ausgesetzt ist – eine Situation, die durch den Klimawandel immer häufiger eintritt.“

Laut den Wissenschaftlern können die Ergebnisse zudem angesichts der heißer werdenden Sommermonate dabei helfen, gesundheits- und sicherheitspolitische Maßnahmen besser zu gestalten, um Gesundheitsprobleme und Todesfälle durch Hitzewellen zu verhindern.

„Indem wir physiologische Daten in Klimamodelle integrieren, hoffen wir, hitzebedingte Gesundheitsrisiken besser vorhersagen und ihnen gezielter begegnen zu können.“

PNAS, doi: 10.1073/pnas.2421281122

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