Robert Klatt
Eine neue Methode kann menschliche Zellen noch Stunden nach dem Tod wiederbeleben. In Zukunft soll diese Spenderorgane länger haltbar machen und Formen der Blindheit heilen.
Salt Lake City (U.S.A.). In der Wissenschaft ist der Tod als irreversibles Ende der Atmungs-, Kreislauf- und Gehirntätigkeit definiert. Forscher des Moran Eye Center der University of Utah haben nun das Irreversible jedoch teilweise umgekehrt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature berichtet das Team, dass es ihnen gelungen ist, Zellen von Menschen nach dem Tod wiederzubeleben.
„Wir waren in der Lage, Photorezeptorzellen in der menschlichen Makula zu wecken, dem Teil der Netzhaut, der für unser zentrales Sehen und unsere Fähigkeit, feine Details und Farben zu sehen, verantwortlich ist. In Augen, die bis zu fünf Stunden nach dem Tod eines Organspenders gewonnen wurden, reagierten diese Zellen auf helles Licht, farbiges Licht und sogar sehr schwache Lichtblitze“, erklärt Fatima Abbas.
In ersten Experimenten konnten die Forscher die Zellen bis etwa fünf Stunden nach dem Tod wiederbeleben. Die wiederbelebten Photorezeptorzellen waren jedoch nicht dazu in der Lage, mit den anderen Zellen der Netzhaut Informationen auszutauschen.
Dieses Problem konnte die Wissenschaftler durch eine neuentwickelte Methode beheben, die die Zellen für eine längere Zeit künstlich mit Sauerstoff versorgt. Die Sauerstoffzufuhr führte dazu, dass der Sauerstoffmangel, ein Faktor für den Todeseintritt, rückgängig gemacht werden konnte.
In Zukunft könnte die Methode verwendet werden, um Spenderorgane länger haltbar zu machen. Außerdem halten es die Wissenschaftler für möglich, dass ihre Studie verwendet werden kann, um manchen Arten der Blindheit rückgängig zu machen. Die Ergebnisse ermöglichen es überdies, dass „das menschliche Sehvermögen auf eine Art und Weise untersucht werden kann, die mit Labortieren einfach nicht möglich ist“.
Nature, doi: 10.1038/s41586-022-04709-x