Mikrogliazellen

Mikroplastik tötet Abwehrzellen des Gehirns

Robert Klatt

Gehirnzellen (Neuronen) )moc.yabaxiptlareg(Foto: © 

Mikroplastik kann die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen. Im Gehirn können die Partikel zum Zelltod der Mikrogliazellen (Abwehrzellen) führen.

Daegu (Südkorea). Menschen nehmen laut einer Studie der Universität von Victoria pro Jahr etwa 200.000 Mikroplastikpartikel auf über Wasser und die Ernährung auf. Inzwischen konnte diese winzigen Plastikteilchen auch in menschlichen Organen nachgewiesen werden, wo sie laut Wissenschaftler der Universität des Saarlandes die Zellmembranen mechanisch destabilisieren können. Ein Team des Daegu Gyeongbuk Institute of Science and Technology (DGIST) hat nun Hinweise darauf entdeckt, dass Mikroplastik auch die Blut-Hirn-Schranke durchdringen kann.

Laut der Publikation im Fachmagazin Science of The Total Environment hat das Team um Wookbong Kwon dazu Mäusen Polystyrol-Kügelchen oral verabreicht. Die Tiere erhielten für sieben Tage täglich eine Dosis mit Partikeln mit 0,2, zwei und zehn Mikrometer Durchmesser, die die Tiere mit Wasser vermischt aufnahmen. Zur Beobachtung waren die Partikel mit einem Fluoreszenzmarker versehen.

Mikroplastik gelangt ins Gehirn

Obwohl das Gehirn durch die Blut-Hirn-Schranke eigentlich vor Fremdstoffen geschützt ist, konnten die Wissenschaftler anhand der Fluoreszenz bereits nach wenigen Tagen Plastikpartikel im Gehirn der Mäuse nachweisen. Durchbrechen konnten die Blut-Gehirn-Schranke aber nur Partikel, die einen Durchmesser von maximal zwei Mikrometern hatten.

Anschließend ermittelten die Wissenschaftler, wo sich das Mikroplastik im Gehirn sammelt. „Wir haben festgestellt, dass die Polystyrol-Partikel in den Mikrogliazellen des Gehirns abgelagert wurden“, erklären die Autoren. Es handelt sich dabei um die Abwehrzellen des Gehirns, die eine ähnliche Funktion haben wie Weiße Blutkörperchen im übrigen Körper.

Experimente mit menschlichen Zellkulturen

Um die Auswirkungen der Plastikpartikel in den Mikrogliazellen zu untersuchen, führten die Forscher Experimente mit menschlichen Mikrogliazellen in Zellkultur durch. Auch hier konnte bereits nach kurzer Zeit eine Anreicherung des Mikroplastiks in den Abwehrzellen des Gehirns beobachtet werden. Außerdem nahm das Wachstum der Zellen ab und die Zellteilung verlief langsamer.

Zelltods durch Mikroplastik

„Nach der Aufnahme der Partikel durch die Zellen haben wir Veränderungen der Zell-Morphologie, der Immunreaktion und des Zelltods beobachtet“, erklärt Kwon. Das Mikroplastik führte dazu, dass die Mikrogliazellen vermehrt Entzündungsbotenstoffe bilden. Nach einigen Tagen stiegen zudem Botenstoffe für den zellulären Selbstmord (Apoptose).

Dies belegt laut den Wissenschaftlern, dass Mikroplastik eine neurotoxische Wirkung auf das Gehirn hat, die dazu führt, dass Abwehrzellen in den Selbstmord geführt werden. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass kleine Mikroplastik-Partikel ein potenzielles Risiko darstellen“, konstatieren die Forscher.

Science of The Total Environment, doi: 10.1016/j.scitotenv.2021.150817

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