Robert Klatt
Der hohe Fett- und Kohlenhydratanteil in vielen Lebensmittel begünstigt laut der Proteinhebel-Theorie die Entstehung von Übergewicht. Der Körper nimmt demnach überschüssige Kalorien auf, um seinen natürlichen Eiweißbedarf zu decken.
Sydney (Australien). Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigte kürzlich, dass Übergewicht und Fettleibigkeit in Europa bereits epidemische Ausmaße erreicht haben. In anderen Staaten, darunter vor allem in den U.S.A., ist das Problem noch größer. Die WHO bezeichnet überschüssiges Gewicht deshalb als die größte Gesundheitsgefahr der Menschheit.
In der Medizin galt lange das Energiebilanzmodell als Standard für Ernährungsempfehlungen. Forscher der Harvard Medical School (HMS) haben kürzlich eine Studie publiziert, die grundlegende Mängel des Modells offenbart und das Kohlenhydrat-Insulin-Modell als deutlich besser bezeichnet.
Forscher der University of Sydney (USYD) haben nun im Fachmagazin Philosophical Transactions of the Royal Society B Biological Sciences eine Metaanalyse publiziert, die die rapide Zunahme von Übergewicht mit der sogenannten Proteinhebel-Theorie erklärt. Laut dieser Theorie konsumieren Menschen mehr Lebensmittel, wenn deren Proteinanteil gering ist. Bei hoch verarbeiteten Lebensmitteln, die laut einer Studie des National Institutes of Health (NIH) die Entstehung von Übergewicht begünstigen, ist die häufig der Fall.
Laut der Metastudie der USYD zeigen die analysierten Studien, dass Menschen die Zufuhr von Eiweiß stärker als jede andere Art von Nährstoffen regulieren. Wenn sich Menschen hauptsächlich von fett- und kohlenhydratreichen Lebensmitteln mit einem geringen Proteinanteil ernähren, signalisiert der Körper demnach ein Hungergefühl, obwohl bereits ausreichend Kalorien aufgenommen wurden, um seinen natürlichen Proteinbedarf zu decken.
Laut den Autoren belegt die Proteinhebel-Theorie, dass ein integrativer Ansatz erforderlich ist, der untersucht, wie verschiedene Faktoren in der Entstehung von Übergewicht zusammenwirken, anstatt sie als konkurrierende Erklärungen zu betrachten. Dies wird der Wissenschaft dabei helfen, das Forschungsfeld voranzubringen und die relevantesten Ursachen für die steigende Fettleibigkeitsrate zu identifizieren.
Philosophical Transactions of the Royal Society B Biological Sciences, doi: 10.1098/rstb.2022.0212