Robert Klatt
Kraftzuwachs beim Sport ist nicht allein auf Muskelwachstum zurückzuführen, sondern wird zusätzlich durch stärke extrapyramidale Signale des Nervensystems beeinflusst.
Newcastle (England). Dass Krafttraining und andere Sportarten gesund sind, konnte die Forschung bereits durch unzählige Studien belegen. Regelmäßige Bewegung hilft nicht nur dabei die Gesundheit des Menschen zu erhalten und Übergewicht sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu vermeiden, sondern wirkt bei einigen Krankheiten laut einer Studie der Harvard Medical School sogar besser als herkömmliche Medikamente. Außerdem profitiert auch das Gehirn von Bewegungen, weil es besser durchblutet wird und sogar einen Botenstoff produziert, der die Neubildung von Nervenzellen verstärkt.
Wissenschaftler der Newcastle University haben im Journal of Neuroscience nun eine Studie publiziert, laut dem Muskeltraining auch das Nervensystem stärkt. Das Experiment bestand aus einer Gruppe von Rhesusaffen, denen die Forscher beibrachten, ihre Arme mit einer Hantel zu trainieren. Während des dreimonatigen Versuchszeitraums ermittelten Isabel Glover und Stuart Baker parallel zum Muskeltraining täglich, ob es eine Veränderung beim Leiten der Nervensignale vom motorischen Cortex des Gehirns über das Rückenmark zu den Muskeln der Tiere gab.
Vor der Studie war es bereits bekannt, dass die Muskelbewegungen bei Rhesusaffen aber auch beim Menschen über zwei Bahnen im Rückenmark kontrolliert werden. Die pyramidale Bahn ist vor allem bei Primaten stark ausgebildet und dient vor allem der Steuerung feinmotorischer Bewegungsabläufe. Kraftintensive Muskelaktionen werden hingegen vor allem über die extrapyramidalen Bahnen kontrolliert, die die Muskulatur mit dem Kleinhirn, Stammhirn und Rückenmark verbinden.
Laut den Studienergebnissen zeigten die Affen in den ersten Trainingswochen kaum Muskelwachstum. Beobachtet werden konnte jedoch eine deutliche stärke Übertragung der extrapyramidalen Signale durch das Nervensystem und eine gesteigerte Aktivität des Steuerzentrums im motorischen Cortex des Gehirns. Beide Effekte nahmen im Studienzeitraum noch zu.
Laut Glover und Baker erklären ihre Beobachtungen, dass die erhöhte Kraft nicht allein auf ein Wachstum der Muskeln zurückzuführen ist, sondern auch darauf, dass die bereits vorhandenen Muskeln durch die stärkeren neuronalen Signale höher beansprucht werden. Beide Effekte zusammen addieren sich dann zum im Training erlangten Kraftzuwachs.
Journal of Neuroscience, doi: 10.1523/JNEUROSCI.1923-19.2020