Robert Klatt
Das Priming der Killerzellen des Immunsystems besteht aus zwei Phasen. In der ersten Phase werden die T-Zellen auf den Krankheitserreger geschult und in der zweiten, erst kürzlich entdeckten Phase, vermehren sich nur die optimal angepassten Immunzellen stark.
Würzburg (Deutschland). Das Immunsystem des Menschen reagiert auf Krankheitserreger, indem es spezifische Antikörper produziert. Parallel dazu werden die T-Zellen in den Lymphknoten vorbereitet. Bei der T-Zell-Aktivierung, die in der Medizin auch als Priming bezeichnet wird, zeigen Hilfszellen den Killerzellen Teile der Oberflächenproteine des Krankheitserregers, damit diese ihn später erkennen können.
Das Priming der T-Zellen dauert rund einen Tag. In diesem Zeitraum spezialisieren sich die Abwehrzellen auf den Krankheitserreger, vermehren sich stark und werden anschließend im Körper freigesetzt. Die Wissenschaft konnte bisher aber noch nicht beantworten, wie das Immunsystem die zum jeweiligen Krankheitserreger passenden Abwehrzellen auswählt.
Forscher der Max-Planck-Forschungsgruppe für Systemimmunologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) haben nun entdeckt, dass das Priming zwei Phasen beinhaltet. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science werden die T-Zellen zunächst auf die jeweiligen Krankheitserreger geschult und es beginnt die starke Vermehrung der vorgeprägten Immunzellen.
Man ging bisher davon aus, dass der Prozess nun abgeschlossen ist. Die Analyse der Lymphknoten mithilfe von Fluoreszenzmarkern zeigt nun, dass die T-Zellen zwei bis drei Tage nach der Infektion eine zweite Phase durchlaufen, die bisher nicht bekannt war.
„Dabei lagert sich eine Untergruppe der CD8-T-Zellen erneut an die Antigen-präsentierenden Dendritischen Zellen an – das kann mehrere Stunden dauern.“
In der zweiten Phase des Primings erhalten die Killerzellen des Immunsystems spezielle Botenstoffsignale, die die schnelle Vermehrung und Aktivierung auslösen.
Die Analyse zeigt zudem, dass die zweite Phase des Primings lediglich die optimal an den jeweiligen Krankheitserreger angepassten Immunzellen durchlaufen. T-Zellen, die die Bakterien oder Viren nach der ersten Phase nicht ausreichend identifizieren können, durchlaufen die zweite Phase hingegen nicht.
„Während die erste Phase des Primings dazu dient, möglichst viele spezifische T-Zellen zu aktivieren, dient die neu entdeckte zweite Phase dazu, diejenigen zu selektionieren und gezielt weiter zu vermehren, die das Pathogen am besten erkennen können. So wird sichergestellt, dass die Immunantwort möglichst effizient ist.“
Laut den Forschern sind die neuen Erkenntnisse essenziell, um die Funktion des Immunsystems besser zu verstehen und neue Impfungen zu entwickeln. Zudem könnte das Wissen dabei helfen, Immuntherapien gegen Krebs zu verbessern.
„Wir hoffen, dass unsere neuen Erkenntnisse dazu beitragen, ein tieferes Verständnis für die Optimierung von auf T-Zellen basierenden Therapieansätzen zu gewinnen. Und dass wir besser verstehen, warum diese Therapien manchmal scheitern.“
Science, doi: 10.1126/science.adq1405