Robert Klatt
Herpes-Simplex-Virus-Infektion können noch nicht geheilt werden. Ein neues Medikament, das alle Herpesviren im Körper aktiviert, könnte dies ändern.
Würzburg (Deutschland). In Deutschland sind etwa 90 Prozent der Menschen mit dem Herpes-Simplex-Virus infiziert. Die Herpesinfektion erfolgt in der Regel bereits vor dem sechsten Lebensjahr und kann durch die Medizin noch nicht geheilt werden. Meisten befindet sich das Virus jedoch in einem Ruhezustand, löst also keine Symptome aus. Wenn das Immunsystem des Wirts jedoch durch eine Infektionskrankheit, Stress oder Fieber geschwächt ist, werden die Herpesviren aktiv.
Zu den ersten Symptomen eines Herpesausbruchs gehören bei den meisten Betroffenen Kribbeln, leichtes Brennen und ein Spannungsgefühl im Gesicht in der Nähe des Mundes. Nach wenigen Stunden entstehen dann die ersten Herpesbläschen. Diese befinden sich meistens auf den Lippen, sie können aber auch an der Nase, den Augen und am Gesäß auftreten und dort Jucken und Schmerzen auslösen. Diese Krankheitssymptome sind für die meisten Betroffenen zwar sehr unangenehm, aber nicht gefährlich. Durch spezielle Herpescremes kann die Dauer und Intensität deutlich reduziert werden. Bei einigen Risikogruppen, darunter HIV-Kranke, Neugeborene und Patienten unter Chemotherapie kann Herpes aber auch lebensbedrohliche Komplikationen auslösen. Die Wissenschaft sucht deshalb seit Langen nach Möglichkeiten zur Heilung der Krankheit.
„In den ersten Stunden nach der Infektion entscheidet sich in jeder einzelnen befallenen Zelle, ob sich das Virus darin aktiv vermehrt oder in den Ruhezustand übergeht“, erklärt Lars Dölken vom Lehrstuhl für Virologie an der Universität Würzburg. Die Forscher wollen deshalb verstehen, welche Faktoren diesen Prozess beeinflussen, um neue Ansatzpunkte für eine Therapie gegen das Herpes-Simplex-Virus zu finden.
Laut einer Publikation des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) untersuchten die Forscher dazu zuerst, was beim Eindringen des Herpes-Simplex-Virus in den menschlichen Körper passiert. Der Fokus dabei lag darauf zu verstehen, wie sich das Virus vor dem Immunsystem schützt und wie es die Kontrolle über einzelne Zellen übernimmt. „Sobald der Herpeserreger in eine menschliche Zelle eingedrungen ist, schleust er sein Erbgut in den Zellkern ein“, erklärt Dölken. Wenn sich das Virus dort im Ruhezustand befindet, kann es nicht vom Immunsystem erkannt und bekämpft werden.
Das im Zellkern vorhandene Herpes-Simplex-Virus kann dann die molekularen Prozesse nutzen, um aus den genetischen Informationen aus der DNA RNA-Moleküle zu bilden. Diese RNA-Moleküle kontrollieren unter anderem, welche Proteine in der Zelle gebildet werden und wie diese wächst. Durch die Kontrolle des Virus über diese Prozesse kann es seine eigenen Proteine in großen Mengen erzeugen und sich massenhaft vermehren. „Die Zelle wird schließlich zerstört und setzt dabei tausende neue Viruspartikel frei“, erklärt Dölken.
Wie bereits bekannt war, verbleiben nach einer Infektion weiterhin Herpes-Simplex-Virus ruhend in den Zellen des Menschen. Die Wissenschaftler der Universität Würzburg haben deshalb den langfristigen Plan, ein Medikament zu entwickeln, das bei einer akuten Infektion alle mit Herpes infizierten Zellen gleichzeitig aktiviert. „Das Immunsystem könnte dann die Herpesviren mit Unterstützung antiviraler Medikamente effektiv bekämpfen. Die Latenz würde verschwinden und wir hätten den Patienten vom Virus geheilt“, so Dölken. Ob und wann ein entsprechendes Medikament tatsächlich auf den Markt kommen wird, kann das Team erst nach weiteren Studien beantworten.
Laut den Forschern könnte dieses Behandlungsprinzip auch bei anderen Herpesformen funktionieren. Insgesamt sind beim Menschen acht Typen von Herpesviren bekannt, darunter etwa der Epstein-Barr-Virus, bei dem es Hinweise darauf gibt, dass er Tumorerkrankungen auslöst. Zu den von Herpesviren ausgelösten Krankheiten gehört ansonsten noch Genitalherpes, Windpocken, Gürtelrose und Pfeiffersches Drüsenfieber.