Robert Klatt
Ein neues Medikament kann „schlechte Cholesterin“ mit nur zwei Injektionen pro Jahr halbieren.
Wien (Österreich). LDL-Cholesterin, auch bekannt als schlechte Cholesterin, gehören zu den häufigsten Auslösern für Schlaganfall und Herzinfarkt. Bei Menschen mit angeborenen Stoffwechselstörungen und bei PatientInnen mit Atherosklerose (Gefäßverkalkungen) ist die intensive Cholesterinsenkung zur Erhaltung der Gesundheit deshalb essenziell. Bisher mussten betroffene Menschen mit zu hohen LDL-Werte täglich Medikamente nehmen.
Das neue cholesterinsenkenden Medikaments Inclisiran erzielt dieselbe Wirkung mit nur zwei Injektionen pro Jahr. Ein Team aus Wissenschaftler der MedUni Wien und Ärzten der Klinischen Abteilung für Kardiologie von AKH Wien haben am 29. Januar 2021 Inclisiran zum ersten Mal außerhalb einer klinischen Studie verabreicht. Das Medikament soll nun als Ergänzung oder Alternative zur Standardtherapie in Wien angeboten werden.
Der neue Wirkstoff basiert auf dem RNA-Interference-Mechanismus, der 2006 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Er unterdrückt bereits in der Leberzelle die Bildung des Proteins PCSK9, das mit seiner Beteiligung am Fettstoffwechsel das LDL-Cholesterin im Blut erhöht.
Walter Speidl von der Klinischen Abteilung für Kardiologie von MedUni Wien: „Der neue und revolutionäre Therapieansatz gibt uns und unseren PatientInnen die Chance, mit nur zwei Injektionen pro Jahr eine Reduktion des LDL-Cholesterins um die Hälfte zu erreichen. Diese Therapie kommt zusätzlich zur Standardtherapie, wie zum Beispiel Statinen, zur Anwendung und wird jetzt erstmals routinemäßig eingesetzt.“
Laut klinischen Studien erreicht der neue Wirkstoff in Kombination mit der Standardtherapie sogar eine Reduktion des LDL-Cholesterin um mehr als 80 Prozent.
Klaus Distelmaier und Konstantin Krychtiuk von der Klinischen Abteilung für Kardiologie: „Der neue Wirkstoff ermöglicht, dass die Leberzelle deutlich mehr LDL-Cholesterin aufnehmen und verarbeiten kann, wodurch weniger LDL-Cholesterin in die Blutstrombahn gelangt und eine weitere gefährliche Ablagerung in der Gefäßwand verhindert wird.“
Klinische Studien haben bereits die gute Verträglichkeit des Wirkstoffs belegt. Die Entwickler erwarten aufgrund der geringen Injektionsanzahl eine hohe Therapietreue und Akzeptanz.
Christian Hengstenberg, Leiter der Universitätsklinik für Innere Medizin II und der Klinischen Abteilung für Kardiologie von AKH Wien und MedUni Wien: „Wir denken, dass diese neue Medikamentenart das Potential hat, zu einem der meistverschriebenen Medikamente weltweit zu werden und das Lipidmanagement langfristig zu revolutionieren.“