Robert Klatt
In schwedischen Rötelmäusen würde ein neues Coronavirus entdeckt. Das Pandemiepotenzial lässt sich noch nicht einschätzen.
Uppsala (Schweden). Kleinsäuger tragen häufig unterschiedliche Coronaviren in sich. In laotischen Fledermäusen wurde etwa kürzlich ein mit SARS-CoV-2 verwandtes Virus entdeckt und in britischen Fledermäusen konnte das neue Coronavirus RhGB01 nachgewiesen werden. Teilweise tragen die Tiere sogar mehrere Coronaviren parallel in sich, was zu Rekombination führen kann.
Wissenschaftler der Universität Uppsala haben deshalb Kleinsäuger auf mögliche neue Coronaviren untersucht. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Viruses hat das Team um Anishia Wasberg dazu in Grimsö in Mittelschweden 260 Rötelmäuse eingefangen. Es war aus früheren Studien bekannt, dass diese Nagetiere häufig Coronaviren und andere Krankheitserreger in sich tragen. Nachweise dafür wurden unter anderem in Frankreich, Polen und Deutschland erbracht.
Anschließend untersuchten die Wissenschaftler Gewebeproben der Tiere auf Viren-RNA. Die dabei erhaltenen Gensequenzen verglichen sie mit bekannten Coronaviren. Bei 3,4 Prozent der Rötelmäuse wurde RNA von Coronaviren entdeckt.
Laut Vergleichsanalysen handelte es sich dabei um Viren-RNA von Krankheitserregern aus der Gruppe der Betacoronaviren. Neben SARS-CoV-2 gehören auch MERS und SARS zu dieser Gruppe. Innerhalb der Betacoronaviren ähnelt das sogenannte Grimsö-Coronavirus der Untergruppe der Embecoviren.
Das neuentdeckte Coronavirus unterscheidet sich von den bekannten Nagetier-Coronaviren stark. „Die Grimsö-Sequenzen zeigten weniger als 60 Prozent Übereinstimmung in der RNA und weniger als 50 Prozent auf der Aminosäure-Ebene. Das spricht dafür, dass das Grimsö-Virus eine eigene Gruppe innerhalb der Embecoviren bildet“, erklären die Forscher.
Die Rötelmäuse in Mittelschweden tragen somit ein neues Coronavirus in sich. Weil dieses über zwei Jahre hinweg immer wieder nachgewiesen wurde, gehen die Forscher von einer weiten Verbreitung bei den Nagetieren aus. Noch ist unklar, ob auch Rötelmäuse außerhalb von Schweden mit dem Virus infiziert sind.
Unklar ist zudem, ob sich andere Tiere oder Menschen ebenfalls mit dem kürzlich entdeckten Virus anstecken können. „Wir wissen bisher nicht, welche potenziellen Gefahren dieses Virus für die öffentliche Gesundheit mit sich bringt. Aber wir können nicht ausschließen, dass das Grimsö-Virus zoonotisches Potenzial für Nutztiere oder den Menschen hat“, so die Autoren. Um das Pandemiepotenzial untersuchen zu können, muss das Coronavirus erst angezüchtet werden. Danach kann es auf seine Rezeptorbindung analysiert werden.
Viruses, doi: 10.3390/v14061205