Robert Klatt
In Deutschland leiden 11,5 Millionen Menschen unter einer schweren Parodontitis, die unbehandelt zum Verlust der Zähne führen kann. Eine gute Mundhygiene kann das Risiko und den Verlauf der Entzündung aber deutlich reduzieren.
Essen (Deutschland). In Deutschland leiden laut Daten der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie e. V. (DG PARO) etwa 11,5 Millionen Menschen an einer schweren Form der Parodontitis. Inklusive der leichten und mittelschweren Ausprägungen der Volkskrankheit ist sogar mehr als jeder zweite Erwachsene betroffen. Die chronische Entzündung des Zahnfleisches wird durch bakteriellen Zahnbeleg ausgelöst. Laut Zahnärzten beschränkt sich diese Entzündung im Anfangsstadium der Krankheit lokal auf den Mundraum.
Schmerzen und Beschwerden haben Betroffene in diesem Stadium meistens noch nicht. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es bei einer Parodontitis zu einem Abbau des Zahnfleisches und einer Freilegung der Zahnhälse. Betroffene leiden häufig außerdem unter reizempfindlichen Zähnen und Zahnfleischbluten beim Putzen. Sollte keine Behandlung erfolgen, kann es im weiteren Verlauf einer Parodontitis zum Abbau des Kieferknochens und einem vollständigen Verlust der Zähne kommen.
Eine Parodontitis wird immer durch Bakterien ausgelöst. Zur Vorbeugung ist eine möglichst gute Mundhygiene deshalb essenziell. Außerdem können weitere Faktoren die Entstehung einer Parodontitis begünstigen.
Unzureichende Mundhygiene – Innerhalb kurzer Zeit lagern sich auch auf gepflegten Zähnen Bakterien. Diese bilden einen komplexen Biofilm als Schutzschild, wen sie nicht regelmäßig entfernt werden. Anschließend kann dieser Plaque Karies und Parodontitis auslösen.
Rauchen – Das in Tabak und E-Zigaretten enthaltenen Nikotin beeinflusst die Durchblutung des Zahnfleisches und beeinträchtigt dadurch die Funktion der Immunzellen. Das Immunsystem kann dadurch entstehende Entzündungen schlechter bekämpfen und es kommt leichter zu einer Parodontitis. In Deutschland sind deshalb etwa drei Viertel aller schweren Parodontitis-Patienten Raucher.
Zahnstein – Als natürliche Abwehrreaktion gegen Bakterien auf den Zähnen bildet der Mensch Zahnstein, der die Krankheitserreger einschließen soll. Die dabei entstehende Oberfläche bietet Bakterien jedoch optimale Lebensbedingungen und beschleunigen das Wachstum dadurch.
Hormonelle Umstellungen – Eine hormonelle Umstellung, die zum Beispiel bei einer Schwangerschaft auftreten kann, begünstigt indirekt die Entstehung einer Parodontitis, weil aufgrund der höheren Empfindlichkeit des Zahnfleisches die Mundhygiene vernachlässigt wird.
Prädisposition – Es ist derzeit noch unklar, ob es eine genetische Prädisposition für Parodontitis gibt. Indizien sprechen allerdings dafür, weil diese Entzündung familiär gehäuft auftritt. Möglicherweise ist dafür aber auch die schlechte Mundhygiene oder die Ernährung verantwortlich, wenn dieses Verhalten innerhalb einer Familie ähnlich ausgeprägt ist.
Stoffwechselerkrankungen – Eine Reihe von Stoffwechselerkrankungen, darunter vor allen Diabetes mellitus oder Rheumatoide Arthritis, sind ebenfalls Risikofaktoren für die Entstehung einer Parodontitis.
Es wird somit insgesamt deutlich, dass eine Parodontitis hauptsächlich durch die Anzahl der Bakterien und somit durch die Mundhygiene des Menschen beeinflusst wird. Forscher der Universität Greifswald um Prof. Thomas Kocher und Dr. Vinay Pitchika haben deshalb untersucht, ob die Nutzung einer elektrischen Zahnbürste die Entstehung und den Verlauf einer Parodontitis beeinflussen kann.
Die im Journal of Clinical Periodontology publizierte Studie basiert auf Gesundheitsdaten von 2.819 Erwachsenen, die im Rahmen der Greifswalder Gesundheitsstudie Study of Health in Pomerania (SHIP) erhoben wurden. Bei allen Probanden wurde die Mund- und Zahngesundheit im Zeitraum von 2002 bis 2006 sowie nach sechs und elf Jahren untersucht. Laut Angaben der Studienteilnehmer nutzten zu Beginn 18 Prozent eine elektrische Zahnbürste, beim Studienende waren es 37 Prozent.
Wie Pitchika erklärt, „haben sich nur wenige Studien mit der Langzeitwirksamkeit von elektrischen Zahnbürsten beschäftigt, obwohl diese in Deutschland in allen Altersgruppen beliebter geworden sind.“ Die nun vorliegenden Studienergebnisse zeigen deutlich, dass elektrische Zahnbürsten im Vergleich zum manuellen Putzen sowohl den Rückgang des Zahnfleisches als auch den Zahnausfall positiv beeinflussen. Innerhalb des elfjährigen Beobachtungszeitraums war der Zahnverlust bei Nutzung einer elektrischen Zahnbürste 20 Prozent geringer. Ein Zusammenhang zwischen Karies und der Verwendung von elektrischen Zahnbürsten konnte die Studie hingegen nicht feststellen.
Pitchika konstatiert somit, dass „elektrische Zahnbürsten für die Aufrechterhaltung einer guten Mundgesundheit am vorteilhaftesten sind und mit einem verminderten Fortschreiten von Parodontitis und mehr erhaltenen Zähnen einhergehen.“
Journal of Clinical Periodontology, doi: 10.1111/jcpe.13126