Robert Klatt
Rund ein Drittel aller Probanden berichtet nach einer Placebo-Impfung gegen Covid-19 von Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und lokalen Ereignissen wie Schmerzen an der Injektionsstelle.
Boston (U.S.A.). Wissenschaftler des Beth Israel Deaconess Medical Center (BIDMC) haben das Auftreten von Nebenwirkungen in randomisierten, placebokontrollierten Studien zu Covid-19-Impfstoffen untersucht. Laut der Publikation im Fachmagazin JAMA Network Open analysierte das Team um Julia W. Haas dazu zwölf Studien mit insgesamt etwa 45.000 Probanden.
Systemische unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) treten demnach häufiger bei Menschen auf, die tatsächlich geimpft wurden. Rund ein Drittel der Probanden, die statt eines echten Impfstoffs eine Placeboinjektion erhalten hatten, berichteten jedoch auch von Impfreaktionen.
Nach der ersten Impfung klagte mehr als ein Drittel (35,2 %) der 22.578 Placeboempfänger über UAW. Am häufigsten berichteten die Probanden aus der Placebogruppe von Kopfschmerzen (19,3 %) und Müdigkeit (16,7 %). Nach der zweiten Dosis traten Noceboreaktionen bei knapp einem Drittel (31,8 %) der Placeboempfänger auf.
Bei Probanden, die den echten Impfstoff erhalten hatten, kam es häufiger zu Nebenwirkungen. Fast die Hälfte (46,3 %) klagte über mindestens eine UAW. Auch lokale Ereignis wie eine Rötung, Schwellung oder Schmerzen an der Injektionsstelle traten häufig (66,7 %) auf.
Laut den Autoren ist ein Teil der unerwünschten Ereignisse auch in diesem Fall auf den Noceboeffekt zurückzuführen, obwohl die Probanden eine pharmakologisch wirksame Behandlung erhalten hatten. Die Analyse zeigt, dass der Noceboeffekt für mehr als drei Viertel (76 %) der UAW in der Impfgruppe nach der ersten Dosis verantwortlich ist. Nach der zweiten Dosis war der Noceboeffekt noch für mehr als die Hälfte (51,8 %) der UAW verantwortlich.
„Unerwünschte Ereignisse nach einer Placebobehandlung sind in randomisierten, kontrollierten Studien häufig“, erklärt Haas. Laut Haas ist es wichtig, solche Noceboreaktionen in Impfstoffstudien zu belegen, um die Sorgen vor Nebenwirkungen durch eine Covid-19-Impfung zu entkräften.
Auch Ted J. Kaptchuk vom BIDMC und Professor für Medizin an der Harvard Medical School erklärt, dass unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen und Müdigkeit von vielen Menschen fälschlicherweise dem Impfstoff zugeschrieben werden, obwohl sie lediglich durch alltägliche Empfindungen entstanden sind.
JAMA Network Open, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2021.43955