Robert Klatt
In reichen Ländern wie Deutschland leben Politiker länger als der Rest der Bevölkerung. Die Differenz in der Lebenserwartung liegt bei bis zu sieben Jahren.
Oxford (England). Wissenschaftler der University of Oxford haben anlässlich der Covid-19-Pandemie, die in vielen Ländern, darunter auch Deutschland, die Lebenserwartung deutlich reduziert hat, untersucht, ob die Gesundheit und die Lebenserwartung in bestimmten elitären Berufen, etwa in der Politik, höher ist. Laut ihrer Publikation im European Journal of Epidemiology untersuchten sie dazu historische Daten zur Sterblichkeit aus dem Zeitraum 1816 bis 2017.
Die Studie umfasst 57.500 Politpersönlichkeiten aus Australien, Österreich, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Neuseeland, der Schweiz, Großbritannien und den U.S.A., also aus Ländern mit hohen Einkommen und zeigt, dass die Lebenserwartung von Politikern im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich höher ist.
Es handelt sich dabei um die bisher umfangreichste Analyse zu diesem Thema. Das Team um Philip M. Clarke hat für ihre Studie die Anzahl der Todesfälle unter Politikern mit der durchschnittlichen Bevölkerungssterblichkeitsrate verglichen. Andere Studien haben lediglich die Sterblichkeitsraten zwischen Politikern und der Bevölkerung einzelner Nationen untersucht.
Laut der Studie ist die Differenz in der Lebenserwartung eines Politikers und der Allgemeinbevölkerung in den U.S.A. mit sieben Jahren am höchsten. Auch in anderen Ländern, etwa den Niederlanden mit vier Jahren, gibt es deutliche Unterschiede in der Lebenserwartung, erklärt Laurence Roope, Senior Researcher bei Oxford Population Health.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Überlebensvorteil der Politiker heute im Vergleich zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr hoch ist.“
Wie die Autoren erklären, sind die hohen Einkommen der Politiker nicht der Hauptgrund für die höhere Lebenserwartung. Die Einkommen stiegen nämlich erst ab den 1980er-Jahren deutlich über die Einkommen der Allgemeinbevölkerung, die Differenzen in der Lebenserwartung traten aber bereits in den 1940er-Jahren auf.
Bessere Behandlungsmöglichkeiten für typische Gesundheitsprobleme
Die Forscher gehen deshalb davon aus, dass verschiedene Gründe dazu verantwortlich sind, dass Politiker oft sehr alt werden, etwa bessere Behandlungsmöglichkeiten für Gesundheitsprobleme wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die besonders bei Politikern gehäuft auftreten.
Als Beispiel dafür nennen sie den britischen Premierminister Winston Churchill und den US-Präsident Franklin Roosevelt, die beide an Bluthochdruck litten und schließlich im hohen Alter an einem Schlaganfall starben. Weil es seit den 1960er-Jahren blutdrucksenkende Medikamente gab, konnten die beiden Politiker trotz ihrer Kreislauferkrankungen lange heben und somit die durchschnittliche Lebenserwartung ihrer Berufsgruppe erhöhen.
European Journal of Epidemiology, doi: 10.1007/s10654-022-00885-2