Robert Klatt
Ein Herzinfarkt stört die Regeneration der Herzzellen und führt oft zu einem Herzversagen. Eine neue Polymerinjektion kann diesen zellulären Prozess stoppen und dadurch die Geweberegeneration fördern.
La Jolla (U.S.A.). Bei vielen Menschen kommt es nach einem Herzinfarkt zu einem Herzversagen. Forscher der University of California San Diego (UCSD) haben deshalb eine neue Therapie entwickelt, die bei Menschen nach einem Herzinfarkt die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert und die Gewebereparatur fördert.
„Herzversagen nach einem Herzinfarkt zu verhindern, ist nach wie vor ein großer ungedeckter klinischer Bedarf. Ziel unserer Therapie ist es, sehr früh nach einem Infarkt einzugreifen, um zu verhindern, dass Patienten später in eine Herzinsuffizienz abgleiten.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Advanced Materials funktioniert die neue Behandlung, indem eine Proteininteraktion, die normalerweise die Regeneration der Zellen stört, gehemmt wird. Die zellulären Prozesse werden dadurch geschützt und das Gewebe kann die durch den Herzinfarkt entstandenen Schäden besser reparieren.
Der therapeutische Ansatz der Behandlung setzt an einer Proteininteraktion an, die die Zellantwort auf Stress und Entzündungen steuert. Wenn das Protein Nrf2 aktiviert wird, können sich Zellen besser vor entzündungsbedingten Schäden schützen. Das Protein KEAP1 bindet sich aber an das Protein Nrf2 und fördert dessen Abbau. Bei Menschen mit einem Herzinfarkt muss dieser Abbauprozess unterbrochen werden, um die Regeneration des beschädigten Herzgewebes zu fördern.
Die Forscher haben deshalb ein Protein-ähnliches Polymer (PLP) konzipiert, das Protein Nrf2 imitiert. Dieses Protein gelangt per Injektion in den Blutkreislauf und sucht dort das Protein KEAP1, an das es sich bindet. Es wird dadurch verhindert, dass das Protein KEAP1 durch das natürliche Protein Nrf2 deaktiviert wird.
„Proteine sind die molekularen Maschinen, die alle wesentlichen Zellfunktionen antreiben. Fehlregulierte Protein-Protein-Wechselwirkungen innerhalb der Zelle sind Ursache vieler menschlicher Krankheiten. Die derzeit verfügbaren Medikamentenklassen können entweder nicht in die Zellen eindringen oder die großen Zielstrukturen dieser Krankheiten nicht effektiv binden. Wir betrachten diese Herausforderung aus einem neuen Blickwinkel.“
Um die Wirksamkeit der Polymerinjektion zu erproben, haben die Forscher Tierversuche mit Ratten durchgeführt. Die Tiere haben nach einem Herzinfarkt entweder die PLP-Injektion oder ein Placebo erhalten. Nach fünf Wochen wurden die Tiere mit der Magnetresonanztomografie (MRT) untersucht. Die mit dem Polymer behandelten Tiere zeigten eine deutlich verbesserte Herzfunktion und eine stärkere Regeneration des Herzmuskels.
Laut den Forschern sind diese Ergebnisse ein Machbarkeitsnachweis für die Wirksamkeit der Behandlungsmethode. Sie wollen nun die Substanz weiter optimieren und anschließend Versuche mit größeren Tieren durchführen. Zudem sind sie der Ansicht, dass der Behandlungsansatz auch bei anderen Krankheiten helfen könnte.
„Diese therapeutische Plattform hat enormes Potenzial für verschiedene Krankheiten – von Makuladegeneration über Multiple Sklerose bis hin zu Nierenerkrankungen.“
Advanced Materials, doi: 10.1002/adma.202417885