Robert Klatt
Ein Polymerschaum mit Kurkuma sorgt für eine schnellere Heilung von Wunden und Verbrennung und verhindert die Bildung von Narben. Genutzt werden kann die Polymermembran wie ein gewöhnlicher Verband.
St. Gallen (Schweiz). Chinesische Wissenschaftler haben kürzlich einen Wundkleber entwickelt, der auch starke Blutungen an inneren Organen in wenigen Sekunden verschließen kann. Nun haben Wissenschaftler der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) einen Polymerschaum vorgestellt, der eine ähnliche Wirkung besitzt, aber dazu genutzt werden soll äußere Wunden und Verbrennungen zu behandeln.
Die Heilung einer Wunde basiert auf einem mehrstufigen Prozess, bei dem im ersten Schritt Immunzellen durch eine Entzündungsreaktion Krankheitserreger abtöten und so die Wunde reinigen. Anschließend sorgen Blutblättchen für eine Abdichtung der verletzten Körperstelle und Haut- und Bindegewebszellen beginnen mit der Bildung von neuem Gewebe.
Eine häufig auftretende Störung des Wundheilungsprozesses führt in vielen Fällen jedoch dazu, dass hartes Narbengewebe entsteht. Neben einer Beeinträchtigung der Beweglichkeit kann dies auch der Gesundheit eines Menschen langfristig schaden. Da die Medizin die Wundheilung bis heute noch nicht vollumfänglich verstanden hat, ist eine Behandlung von Wundheilungsstörungen oft nicht erfolgreich.
Ein neuer Schaum, der an der Empa unter Leitung von Markus Rottmar entwickelt wurde, könnte hier Abhilfe schaffen, da er parallel für eine schnellere Wundheilung sorgt und die Bildung von hartem Narbengewebe unterdrückt. Genutzt wird dafür eine Kombination eines Schaums aus Biopolymer und einem Inhaltsstoff der Pflanze Kurkuma, die auch als gelber Ingwer bezeichnet wird.
Das Polymer aus Scaravoid, das bereits eine Zulassung für medizinische Anwendungen besitzt, wird anfangs in einem Hochdruckreaktor mithilfe von superkritischem Kohlendioxid (CO2) aufgeschäumt. Durch den Druck und die Temperatur kann die Porengröße dabei gesteuert werden.
Durch die feinen Poren des Biopolymers bildet der Schaum ein Gerüst, das die Ansiedlung von Zellen begünstigt, die wiederum die Wundheilung beschleunigen. Da der Kunststoff biologisch abgebaut werden kann, können die Zellen die Struktur selbst anpassen und so in das neue Gewebe integrieren. Das im Schaum beigesetzte Kurkuma, das seit langem für seine entzündungshemmende Wirkung bekannt ist, wird hingegen genutzt, da es bei Experimenten mit Zellkulturen die Bildung von narbentypischen Biomarkern deutlich reduzierte.
Genutzt werden kann die Polymermembranen von Ärzten wie ein herkömmlicher Verband. Das Material ist flexibel und kann frei zugeschnitten werden, um es an die Größe unterschiedlicher Wunden anzupassen. Die Entwickler sehen Einsatzmöglichkeiten besonders bei schweren Verletzungen nach Verkehrsunfällen oder bei starken Verbrennungen.
Laut Rottmar „zielen Traditionelle Behandlungen nur auf einzelne Faktoren der Wundheilung, etwa die Sauerstoffversorgung oder die Feuchtigkeitsregulation.“ Im Gegensatz dazu verbessert die Polymermembranen die Wundheilung durch ihren ganzheitlichen Ansatz und die dadurch optimierte Gewebeantwort deutlich.
Eine klinische Studie mit menschlichen Probanden soll zeitnah folgen. Aufgrund der langen Zulassungsverfahren ist ein Einsatz in der Praxis aber auch bei Erfolg erst in einigen Jahre zu erwarten.