Intelligente Medikamente

Produktivitätsparadox – Ritalin und Co. führen zu unberechenbarem Denken

Robert Klatt

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Neurotypische Menschen, die nicht unter ADHS leiden, missbrauchen Ritalin oft, um ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. Nun zeigt eine Studie, dass intelligente Medikamente bei ihnen eine gegenteilige Wirkung auslösen.

Cambridge (England). Medikamente wie Methylphenidat, das besser unter dem Markennamen Ritalin bekannt ist, werden oft bei einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) verschrieben. Es nehmen aber auch immer mehr Menschen ohne entsprechende Diagnose Ritalin, um ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. Eine Studie der Universität Cambridge zeigt nun, dass sogenannte intelligente Medikamente bei neurotypischen Menschen die Leistung und Produktivität beeinträchtigen können.

Laut der Publikation im Fachmagazin Science Advances führten die Forscher um Peter Bossaerts vier doppelblinde, randomisierte Studien im Abstand von jeweils einer Woche durch. Die 40 gesunden Probanden nahmen entweder eines der drei populären intelligenten Medikamente Methylphenidat, Modafinil oder Dextroamphetamin oder ein Placebo ein.

Kognitive Leistungsfähigkeit untersucht

In der Medizin wurde die Wirkung von intelligenten Medikamenten bei neurotypischen Personen bisher mit einfachen kognitiven Aufgaben untersucht. Die aktuelle Studie nutzte stattdessen zur Ermittlung der kognitive Leistungsfähigkeit der Probanden das sogenannte Rucksack-Optimierungsproblem, bei dem Gegenständen mit unterschiedlichen Gewichten und Werten optimal in einem Rucksack verteilt werden mussten, um den Gesamtwert zu maximieren. Laut den Autoren bildet diese Aufgabe Entscheidungsfindungs- und Problemlösungsprozesse aus dem Alltag nach.

Intelligente Medikamente reduzieren kognitive Leistungsfähigkeit

Insgesamt verzeichneten die Teilnehmer, die die Medikamente einnahmen, geringfügige Abnahmen in Genauigkeit und Effizienz sowie deutliche Zunahmen bei Zeit- und Arbeitsaufwand im Vergleich zu ihren Ergebnissen ohne Medikation. Es dauerte etwa bei den Teilnehmern, die Methylphenidat einnahmen, durchschnittlich etwa 50 Prozent länger, das Rucksackproblem zu lösen, als wenn sie ein Placebo erhielten. Überdies zeigte sich bei Teilnehmern, die ohne Medikation im Vergleich zur restlichen Gruppe besser abschnitten, eine größere Leistungs- und Produktivitätseinbuße nach der Einnahme eines Medikaments.

Ritalin und Co. reduzieren Produktivität

Bezüglich der Produktivität, gemessen als Fortschritt pro bewegtem Gegenstand in oder aus dem Rucksack, fanden sich die Teilnehmer, die unter Placebo-Bedingungen in den oberen 25 Prozent rangierten, regelmäßig unter den unteren 25 Prozent wieder, wenn sie Methylphenidat einnahmen. Im Gegensatz dazu zeigten Teilnehmer, die unter Placebo-Bedingungen eine niedrigere Leistung erbrachten, nur sehr selten eine leichte Verbesserung nach der Einnahme eines Medikaments.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Medikamente Sie tatsächlich nicht klüger machen. Aufgrund des Dopamins, das die Medikamente induzieren, erwarteten wir eine erhöhte Motivation, und sie motivieren tatsächlich dazu, sich mehr anzustrengen. Wir entdeckten jedoch, dass diese Anstrengung zu unregelmäßigerem Denken führte.“

Laut Dr. Elizabeth Bowman zeigen die Ergebnisse, dass wir noch nicht die Wirksamkeit pharmazeutischer Verstärker auf unsere Leistung festgestellt haben, wenn sie von neurotypischen Personen zur Bewältigung alltäglicher komplexer Aufgaben eingesetzt werden.

„Unsere Forschung zeigt, dass Medikamente, die dazu bestimmt sind, die kognitive Leistung bei Patienten zu verbessern, bei gesunden Nutzern tatsächlich dazu führen könnten, dass sie härter arbeiten, während sie eine geringere Qualität der Arbeit in einer längeren Zeitspanne produzieren.“

Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.add4165

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