Robert Klatt
Kasein, ein Protein aus Kuhmilch, kann als Bestandteil von Verbänden die Wundheilung stark beschleunigen.
London (England). Kasein, ein Protein, welches in Kuhmilch vorkommt, ist aufgrund seiner antimikrobiellen, antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften seit Längerem von Interesse für die Medizin. Die Wissenschaft geht etwa davon aus, dass das Eiweiß die Wundheilung beschleunigen kann. Forscher des University College London (UCL) um Dr. Jubair Ahmed haben den Heilungsvorteil des Eiweißes nun anhand von Tierversuchen erforscht.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Interface haben die Wissenschaftler dazu reines Kasein mit dem biologisch abbaubaren Polyester Polycaprolacton (PCL), häufig als Verbandsmaterial verwendet wird. Anschließend wurden mit der Druckgyration aus der Mischung verbandähnliche Fasern erzeugt, aus denen kaseinhaltige Verbände hergestellt wurden.
Die kaseinhaltigen Verbände erprobten die Forscher mit Ratten, denen identische kleine Hautperforationen zugefügt wurden. Die Versuchstiere wurden in drei Gruppen unterteilt. Die Wunden der ersten Gruppe wurden mit Kasein-infundierten Verbänden, der zweiten mit normalen PCL-Verbänden und der Dritten ohne Verbände behandelt. Die Wundheilung wurde nach drei, sieben, zehn und vierzehn Tagen durch Fotografieren und Messen der Wunden sowie deren Untersuchung unter einem Mikroskop überprüft.
Die mit Kasein-infundierten Verbänden behandelten Wunden hatten nach 14 Tagen nur noch 5,2 Prozent ihrer ursprünglichen Größe. Bei den normalen Verbänden (31,1 %) und der Gruppe ohne Verbände (45,6 %) verlief die Wundheilung deutlich schlechter. Analysen bestätigten zudem, dass die Kaseinverbände nicht toxisch waren und dass die Konzentrationen von immunbezogenen Molekülen um die mit ihnen behandelten Wunden deutlich niedriger waren.
„Natürliche Materialien enthalten einige wunderbare Eigenschaften, von denen viele unbekannt sind. Wir wussten, dass Kasein einen Heilungsbonus zu haben schien und unsere Ergebnisse legen nahe, dass es viel Potenzial gibt, es in medizinischen Anwendungen wie Wundverbänden zu verwenden. Es ist noch mehr Arbeit erforderlich, um sicherzustellen, dass Kaseinverbände bei Menschen sicher und wirksam sind, aber diese ersten Ergebnisse sind vielversprechend.“
Die chemische Zusammensetzung von Kasein, einem Nebenprodukt von entrahmter Milch, variiert. Laut Mohan Edirisinghe könnte dies die Wirksamkeit der natürlichen Substanz beeinflussen und damit klinische Studien, in denen die Konsistenz für eine sichere und wirksame Behandlung von entscheidender Bedeutung ist, erschweren.
„Die gesamte Forschung deutet bisher darauf hin, dass Kasein das Potenzial zur Wundheilung hat, aber im Moment wissen wir noch nicht genau, warum das so ist. Kasein hat antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften, die sicherlich eine Rolle spielen könnten. Der nächste Schritt wird sein, die biologischen Wechselwirkungen zu verstehen, bevor wir klinische Studien am Menschen in Betracht ziehen können.“
Interface, doi: 10.1098/rsif.2023.0166
