Robert Klatt
Rauchen schwächt die Lunge und erhöht so das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei einer Corona-Infektion. Nikotin beeinflusst außerdem die Rezeptoren und erleichtert dem Virus so das Eindringen in die Zellen des Menschen.
Fairfax (U.S.A.). Laut Daten des Johns Hopkins Coronavirus Resource Center sind bisher 487.648 Menschen an SARS-CoV-2 erkrankt, 113.769 Menschen sind genesen und 21.100 Personen sind an der Krankheit gestorben (Stand 26.03.2020). Bisherige Beobachtungen zeigen, dass Kinder und jüngere Erwachsene in den meisten Fällen nur milden Symptomen wie Husten, Fieber und Kopfschmerzen leiden. Senioren und Menschen mit Vorerkrankungen entwickeln hingegen teilweise schwere Krankheitsverläufe, die etwa 15 bis 20 Prozent aller Infektionen mit dem Virus ausmachen.
Studien zeigen nun, dass auch Raucher zu den Risikogruppen gehören, die besonders anfällig für einen schweren Verlauf des Coronavirus sind. Vermutet hatte dies die Medizin bereits vor einigen Wochen, weil Tabakrauch die Lunge angreift und den Menschen deshalb empfindlicher gegenüber Atemwegserkrankungen und Erkältungen macht. Auch James Olds und Nadine Kabbani von der George Mason University erklären, dass „Rauchen mit einer höheren Sterblichkeit bei verschiedenen Infektionen mit Atemwegsviren verbunden ist, darunter auch bei der saisonalen Influenza.“
Epidemiologischen Daten aus China zeigen, dass signifikant häufiger Männer unter schweren Verläufen der Krankheit leiden. Dies liegt sehr wahrscheinlich daran, dass in China mehr als die Hälfe aller Männer aber nur etwa drei Prozent der Frauen Raucher sind. Auch Olds und Kabbani sind daher der Ansicht, dass „der Covid-Geschlechterunterschied den höheren Raucheranteil bei den Männern widerspiegelt.“
Eine im Chinese Medical Journal erschiene Studie, die Gesundheitsdaten aus drei Krankenhäusern aus Wuhan ausgewertet hat, zeigt ebenfalls, dass das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf unter Rauchern um 13 Prozent höher liegt.
Eine im European Journal of Internal Medicine publizierte Metastudie der Universität Verona zeigt hingegen nur einen Trend zu mehr schweren Covid-Verläufen unter Rauchern, spricht aber nicht von einem signifikanten Zusammenhang. Laut Guiseppe Lippe gibt es deshalb aktuell noch nicht genügend Belege, die zweifelsfrei ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei Rauchern zeigen.
Die von Olds und Kabbani im The FEBS Journal publizierte Forschungsarbeit widerspricht hingegen der Metastudie des italienischen Wissenschaftlers. Laut den Studienergebnissen schwächt Rauchen nicht nur die Lunge und macht den Menschen so für den Coronavirus anfälliger, sondern sorgt auch dafür, dass das Nikotin die Anzahl der ACE2-Rezeptoren erhöht. Eine Zunahme dieser Rezeptoren, die das virale Spike-Protein als Andockstelle nutzt, erhöht die Anfälligkeit der Zellen für einen Virenbefall mit SARS-CoV-2 weiter.
Laut Olds und Kabbani „stützen Analysen großer RNA- und DNA-Expressions-Datenbanken die Annahme, dass das Rauchen zu einer verstärkten ACE2-Expression in der Lunge führt.“ Die Wissenschaftler konstatieren daher, dass „das Rauchen an einem direkten Prozess beteiligt zu sein scheint, der die Covid-19-Infektion und ihren Verlauf beeinflusst und dass diese Personen deshalb gewissermaßen für schwere Krankheitsverläuf prädestiniert sind, weil das Nikotin direkt auf die Andockstelle des Coronavirus wirkt.“
Chinese Medical Journal, doi: 10.1097/CM9.0000000000000775
European Journal of Internal Medicine, doi: 10.1016/j.ejim.2020.03.014
The FEBS Journal, doi: 10.1111/febs.15303