Robert Klatt
In den U.S.A. erhalten viele Menschen medizinisches Cannabis. Eine retrospektive Studie hat nun untersucht, ob dadurch das Sterberisiko bei entzündlichen Darmerkrankungen sinkt.
Cherry Hill (U.S.A.). Viele Menschen mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa konsumieren Cannabinoide als Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen. Studien lieferten zudem Hinweise darauf, dass die Cannabinoide Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung haben. Ob sich Cannabis als natürliches Medikament für entzündlichen Darmerkrankungen eignet, wurde bisher aber kaum mit randomisierten klinischen Studien untersucht.
Eine im Fachmagazin PLOS ONE publizierte Studie aus Israel mit 17 Patienten mit Colitis ulcerosa zeigt etwa, dass Cannabiszigaretten die klinischen Symptome der Krankheit signifikant lindern können und die Placebo-Wirkung übertreffen. Die endoskopischen Läsionen konnte das Cannabis in der Studie aber nicht beeinflussen.
Wissenschaftler des Jefferson Health Hospital haben im Journal of Crohn's and Colitis (JCC) nun die Ergebnisse einer retrospektiven Großstudie veröffentlicht, laut der Cannabis bei entzündlichen Darmerkrankungen das Sterberisiko und die Krankenkosten reduziert. Wie die Forscher um Neethi Dasu auf dem den European Crohn's and Colitis Organisation in Kopenhagen erklärt haben, ist dies jedoch kein Beweis für eine günstige Wirkung von.
Die Studie basiert auf Gesundheitsdaten des Nationwide Inpatient Sample, die jährlich etwa sieben Millionen stationäre Krankenhauseinweisungen in den U.S.A. erfasst. Im Zeitraum zwischen 2015 und 2019 wurden etwa 1,2 Millionen der erfassten Menschen wegen einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung behandelt. 29.445 davon gaben an, dass sie wegen anderen Erkrankungen medizinisches Cannabis konsumieren.
Laut der Analyse der Gesundheitsdaten sinkt das Sterberisiko bei entzündlichen Darmerkrankungen durch den Konsum von Cannabis um 72 Prozent. Der Zusammenhang ist mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,19 bis 0,41 statistisch signifikant. Zudem war die Behandlungsdauer der Cannabiskonsumenten im Mittel um 0,17 Tage kürzer und um 11.054 US-Dollar günstiger.
Die Studiendaten zeigen somit, dass die Gesundheitssituation der Cannabiskonsumenten und den Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen besser ist. Sie belegen aber nicht, dass die Droge den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Um tatsächlich eine Evidenz für eine positive Wirkung von herstellen zu können, ist laut den Autoren eine deutlich größere randomisierte Studie nötig.
PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0246871
Journal of Crohn's and Colitis, doi: 10.1093/ecco-jcc/jjac190.0962