Robert Klatt
Eine umfassende Metastudie mit 105.000 Probanden zeigt, dass eine tägliche Vitamin-D3-Einnahme in niedriger Dosierung die Krebssterblichkeit deutlich reduziert.
Heidelberg (Deutschland). In Deutschland ist knapp ein Drittel (30,2 %) der Erwachsenen laut dem Robert Koch-Institut (RKI) unzureichend mit Vitamin-D versorgt. Die Wissenschaft arbeitet deshalb an Lebensmitteln mit einem höheren Vitamin-D-Gehalt, etwa an gentechnisch veränderten Tomaten sowie an einem Hühner-Solarium, das den Vitamin-D-Gehalt der Eier vervierfacht. Besonders häufig ist ein Vitamin-D-Mangel bei Krebspatienten. Eine Studie mit Darmkrebspatienten zeigte beispielsweise bei mehr als die Hälfte der Teilnehmer (59 %) einen Vitamin-D-Mangel, der zudem mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf assoziiert ist.
Wie Ben Schöttker vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) erklärt, haben bereits zahlreiche Studien die Auswirkungen einer Vitamin-D-Supplementierung auf das Krebsrisiko und den Krankheitsverlauf untersucht.
„Nach derzeitiger Studienlage schützt eine Vitamin D3-Einnahme wahrscheinlich nicht davor, an Krebs zu erkranken, könnte aber die Wahrscheinlichkeit senken, an einer Krebserkrankung zu versterben. Die bisherigen Studien zur Krebssterblichkeit haben jedoch sehr unterschiedliche Ergebnisse geliefert und uns interessierten die Gründe dafür. Mit einer Neubewertung aller bisherigen Studien zu dem Thema wollten wir dazu beitragen, in dieser für die Bevölkerungsgesundheit so relevanten Frage zu belastbaren Ergebnissen zu kommen.“
Die Wissenschaftler des DKFZ haben deshalb eine umfangreichen Metastudie zur Wirkung von Vitamin D3 auf die Mortalität durch Krebs in der Gesamtbevölkerung sowie auf die Überlebensrate von Krebspatienten erstellt. Ihre Literaturrecherche konnte 14 Studien, die insgesamt fast 105.000 Teilnehmer umfassten, identifizieren. Die Forscher konzentrierten sich dabei ausschließlich auf qualitativ hochwertige Studien, in denen die Teilnehmer zufällig entweder der Vitamin-D3-Gruppe oder der Placebogruppe zugeordnet wurden.
In der Zusammenfassung aller 14 Studien zeigten sich keine statistisch signifikanten Ergebnisse. Teilte man die Studien jedoch danach auf, ob die Vitamin D3-Einnahme täglich in niedriger Dosierung erfolgte oder aber als eine selten verabreichte, hohe Einzeldosis, zeigte sich ein großer Unterschied. Laut der im Fachmagazin Ageing Research Reviews publizierten Ergebnisse der Metastudie zeigte die vier Studien mit den hohen Einzeldosen keinen Effekt auf die Krebssterblichkeit. In der Zusammenfassung der zehn Studien mit täglicher Dosierung ermittelten die Forscher dagegen eine statistisch signifikante Verringerung der Krebssterblichkeit um zwölf Prozent.
„Diese zwölfprozentige Reduktion der Krebssterblichkeit haben wir nach ungezielten Vitamin D3-Gaben an Personen mit und ohne Vitamin-D-Mangel beobachtet. Wir können daher davon ausgehen, dass der Effekt für diejenigen Menschen, die tatsächlich einen Vitamin-D-Mangel aufweisen, erheblich höher ist.“
Laut Schöttker liegt der überlegene Effektivität der täglichen Vitamin-D3-Dosierung an der konstanten Verfügbarkeit des aktiven Agens, dem Hormon 1,25-Dihydroxyvitamin D. Dieses Hormon entsteht durch Reaktionen von Vitamin D im Körper und kann das Wachstum von Tumoren unterbinden. Eine detailliertere Betrachtung der Studien, in denen Vitamin D3 täglich eingenommen wurde, offenbarte zudem, dass insbesondere Personen ab 70 Jahren erheblich von der Vitamin-D3-Therapie profitierten. Überdies war der beobachtete Effekt besonders ausgeprägt, wenn die Einnahme von Vitamin D vor der Krebsdiagnose eingeleitet worden war.
Ageing Research Reviews, doi: 10.1016/j.arr.2023.101923