Robert Klatt
Eine Lichttherapie mit langwelligen, tiefroten LEDs verbessert bei älteren Menschen die Sehkraft deutlich.
London (England). Ab einem Alter von 40 Jahren produzieren die Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) der Sehzellen beim Menschen weniger Energie in Form des Moleküls ATP. Dies sorgt für eine Abnahme der Sehkraft. Wissenschaftler des University College London (UCL) stellten im Jahr 2020 fest, dass eine Lichttherapie mit langwelligem, tiefrotem Licht diese altersbedingte Ermüdung der Sehkraft lindern kann, weil die Strahlung die Membranpumpen der Mitochondrien aktiviert und diese dann wieder mehr Energie liefern. Wie viel Licht dafür gebraucht wird und wie lange die Wirkung besteht, konnten die Forscher damals aber noch nicht ermitteln.
Nun hat das Team des University College London eine weitere Studie veröffentlicht, die Antworten auf die noch offenen Fragen liefert. Laut der Publikation im Fachmagazin Scientific Reports blickten dazu 20 Probanden einmalig für drei Minuten in tiefrote LEDs mit einer Leistung von acht Milliwatt pro Quadratzentimeter (mW/cm2). In der Vorgängerstudie wurden die Probanden täglich mit einer Leistung von bei 40 mW/cm2 behandelt.
Außerdem untersuchten die Forscher, ob die Uhrzeit der Lichttherapie einen Einfluss hat. Sie führten die Lichtbehandlung dazu zunächst zwischen acht und neun Uhr morgens durch. Im zweiten Durchgang erfolgte die Lichttherapie am Abend. Die Probanden wurden nach der Behandlung auf ihr Farbkontrast-Sehen getestet. Dies erledigen die Zapfen, einer von zwei Zelltypen der menschlichen Netzhaut.
Laut den Ergebnissen wirkt die Lichtbehandlung trotz der reduzierten Lichtmenge und der einmaligen Bestrahlung. Bei den Probanden war drei Stunden nach der Behandlung das Farbkontrast-Sehen im Mittel um 17 Prozent verbessert. Bei den besonders alten Teilnehmern konnte sogar eine Verbesserung von 20 Prozent erreicht werden. Eine Woche nach der Behandlung lag die Verbesserung beim Farbkontrast-Sehen im Mittel noch immer bei zehn Prozent.
„Das rote Licht einer einfachen LED nur einmal die Woche lädt das Energiesystem der alternden Retinazellen wieder auf. Das ist fast wie das Aufladen einer Batterie“, erklärt Glen Jeffery. Die Lichtbehandlung funktioniert jedoch nur am Morgen. Wenn die Lichtdusche am frühen Abend stattfindet, verbessert sie das Farbkontrast-Sehen nicht. „Mitochondrien haben wechselnde Arbeitsmuster und reagieren daher am Nachmittag nicht auf die gleiche Weise auf Licht wie am Morgen“, erklärt der Wissenschaftler.
Die Studie bestätigt laut ihren Autoren somit, dass alternde Mitochondrien auf tiefrotes Licht reagieren und dadurch ihre Energieproduktion merklich erhöhen. In Zukunft könnte dies eine einfache Behandlungsmöglichkeit für nachlassende Sehkraft im Alter sein.
„Diese einfache Intervention könnte die Lebensqualität von Menschen im Alter signifikant erhöhen und die mit der nachlassenden Sehkraft verknüpften Probleme lindern. Zudem ist die Technik einfach und sehr sicher: Die Energie dieses langwelligen Lichts mit 670 Nanometern ist nicht viel höher als die ohnehin im natürlichen Tageslicht enthalten“, erklärt Jeffrey.
„In der nahen Zukunft könnte man sich dann seine wöchentliche Lichtdusche beim Kaffeekochen oder beim Pendeln zur Arbeit verabreichen“, konstatiert der Wissenschaftler. Dazu müssten lediglich einfache, kostengünstige LEDs entwickelt werden.
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-021-02311-1