Robert Klatt
Menschen mit Schlafapnoe müssen zur Diagnose bisher ein Schlaflabor aufsuchen. Eine neue schluckbare Kapsel mit unterschiedlichen Sensoren vereinfacht die Diagnose und Behandlung.
Cambridge (U.S.A.). Menschen mit obstruktive Schlafapnoe leiden unter nächtlichen Atemaussetzern, die sowohl die Schlafqualität als auch das allgemeine Wohlbefinden stark beeinträchtigen. Bisher ist die Diagnose dieses Beschwerdebilds problematisch, weil sie die Überwachung des Schlafs und der Atmung mittels Sensoren, die an den Körper angebracht und mit Überwachungsgeräten verbunden sind, erfordert. Patienten müssen für eine detaillierte Analyse deshalb ein Schlaflabor aufsuchen.
Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) um Giovanni Traverso haben deshalb eine schluckbare Kapsel entwickelt, die die Diagnose und Überwachung von nächtlichen Atemaussetzern erleichtert. Laut der Publikation im Fachmagazin Device enthält die Kapsel unterschiedliche elektronischen Sensoren, die während des Aufenthalts im Magen-Darm-Trakt Daten erheben. Anschließend wird die Kapsel auf natürlichem Wege aus dem Körper des Menschen ausgeschieden.
Die Kapsel ist etwa so groß wie eine handelsübliche Multivitamintablette und kann essenzielle Vitalfunktionen messen. Neben einer kleinen Batterie enthält sie einen hochsensiblen Beschleunigungsmesser zur Erfassung kleinster Bewegungen, die durch Atmung und Herzschlag verursacht werden. Zudem enthält die Kapsel einen Sender, der die gesammelten Daten an externe Geräte wie Smartphones oder Laptops weiterleitet, um so die Atem- und Herzfunktionen darzustellen.
In ersten Tests mit Schweinen konnte die Kapsel präzise die Atem- und Herzfrequenz messen und anschließend ohne Probleme ausgeschieden werden. In einem Experiment registrierte die Kapsel eine durch das Opioid Fentanyl verursachte Verringerung der Atemfrequenz bei den Tieren. Fentanyl wird oft in der Notfallmedizin zur Schmerzbehandlung eingesetzt, birgt jedoch das Risiko einer Überdosierung mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Atmung.
Anschließend haben die Forscher eine klinische Studie mit zehn menschlichen Probanden durchgeführt. Die Teilnehmer haben die Sensorkapsel geschluckt und wurden parallel mit Standardgeräten in einem Schlaflabor überwacht. Die Ergebnisse bestätigten die Genauigkeit des Sensors bei der Erfassung von Atem- und Herzfrequenz. Die Anwendung verlief ohne Beschwerden, und die Kapseln wurden problemlos ausgeschieden. Besonders bemerkenswert war die Identifikation einer Schlafapnoe-Episode bei einem Probanden.
„Wir konnten zeigen, dass wir mit der Kapsel Daten erfassen, die mit denen der herkömmlichen Haut-Sensoren übereinstimmen. Zudem konnten wir bestätigen, dass die Kapsel Apnoe erkennen kann – und das wurde durch die Standardüberwachungssysteme bestätigt, die im Schlaflabor verfügbar sind.“
Laut den Forscher hat die Kapsel ein großes Potenzial. Es könnte in Zukunft eingesetzt werden, um die Wirksamkeit von Therapien und die Dosierung von Medikamenten zu überwachen.
„Es könnte helfen, einfacher Diagnosen zu erstellen und dann im Fall einer obstruktiven Schlafapnoe eine entsprechende Behandlung einzuleiten. Das Gerät bietet das Potenzial, Veränderungen bei der Atmung frühzeitig zu erkennen, unabhängig davon, ob diese auf Opiate oder Erkrankungen zurückzuführen sind.“
Device, doi: 10.1016/j.device.2023.100125