Unterschätzte Droge

Senioren vergiften sich häufig mit Cannabis

Robert Klatt

Älterer Mann mit Cannabis )kcotS ebodAIHTYREVE TUOBA TOL A(Foto: © 

Senioren vergiften sich oft mit essbaren Cannabisprodukten, unter anderem, weil sie die Droge zur Selbstmedikation nutzen und ihre Wirkung unterschätzen.

Toronto (Kanada). In Kanada wurde Cannabis als Genussmittel 2018 legalisiert. Eine Studie des Ottawa Hospital Research Institute (OHRI) zeigte kürzlich, dass Cannabisvergiftungen bei Kindern seit der Legalisierung der Droge deutlich zugenommen haben. Wissenschaftler des Mount Sinai Hospital haben nun eine Untersuchung publiziert, laut der auch behandlungsbedürftige Cannabisvergiftungen bei Menschen ab 65 Jahren seit der Legalisierung stark zugenommen haben.

Laut der Publikation im Fachmagazin JAMA Internal Medicine haben die Forscher um Nathan Stall für ihre Studie Daten der Notaufnahme des Gesundheitsministeriums von Ontario der letzten acht Jahre analysiert. Den Studienzeitraum haben sie in drei Segmente unterteilt, nämlich von Januar 2015 bis zum September 2018, wo Cannabis als Arzneimittel legal war, von Oktober 2018 bis Dezember 2019, wo der Verkauf von getrockneten Cannabisblüten legal war, und von Januar 2020 bis Dezember 2022, wo der Verkauf von essbaren Cannabisprodukten legal war.

Cannabisvergiftungen in der Notaufnahme

Im Untersuchungszeitraum haben sich 2.322 Menschen zwischen 67 und 73 Jahren aufgrund einer Cannabisvergiftungen in der Notaufnahme gemeldet, darunter 1.041 Frauen (44,83 %) und 1.281 Männer (55,17 %). Die Patienten litten teilweise gleichzeitig unter Krebs (42,42 %), einer Alkoholvergiftung (16,58  %) oder Demenz (6,50 %).

In Ontario kam es vor der Legalisierung von essbaren Cannabisprodukten zu 5,8 Notfällen bei Menschen ab 65 Jahren wegen Cannabisvergiftungen auf 100.000. Nach der Legalisierung ist die Inzidenz auf 21,1 gestiegen.

Cannabis als Selbstmedikation?

Laut den Forschern ist es wahrscheinlich, dass viele Senioren essbare Cannabisprodukte als Selbstmedikation nutzen und dabei die Wirkung der Droge unterschätzten. Zudem könnten fehlende altersspezifische Dosierungsanweisungen und die versehentliche Einnahme die Anzahl der Vergiftungen erhöhen, weil ältere Menschen ein besonders hohes Risiko für Nebenwirkungen von Cannabis besitzen.

JAMA Internal Medicine, doi: 10.1001/jamainternmed.2024.1331

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