Robert Klatt
Ladestationen für Elektroautos erzeugen starke elektromagnetische Felder. Eine Studie hat nun untersucht, ob diese für Menschen mit Herzschrittmachern gefährlich sind.
Mannheim (Deutschland). Es gibt acht bis zwölf Millionen Menschen mit Herzschrittmachern. Zudem erhalten zwischen 150.000 und 200.000 Menschen jährlich einen sogenannten Kardioverter-Defibrillator. Es ist für beide Gruppen lebenswichtig, dass die empfindlichen elektrischen Geräte in ihrem Körper fehlerfrei funktionieren.
Ein Team der Technischen Universität München (TUM) hat deshalb untersucht, ob elektromagnetische Felder von Ladestationen für Elektroautos ein Risiko für diese Personen darstellen. In den letzten Jahren haben die Hersteller die maximale Ladeleistung ihrer Elektroautos deutlich erhöht, um die Ladedauer zu verkürzen. Mit zunehmender Ladeleistung werden jedoch auch die elektromagnetischen Felder stärker.
„Wir haben bereits früher das Risiko elektromagnetischer Interferenzen mit Herzgeräten beim Fahren von Elektroautos untersucht und festgestellt, dass das größte elektromagnetische Feld entlang des Ladekabels auftrat. Dies war die erste Studie, die das Risiko elektromagnetischer Interferenzen bei Patienten mit implantierbaren elektronischen Herzgeräten (CIEDs) bei der Verwendung von Hochleistungsladegeräten untersuchte.“
Laut der im Fachmagazin EP Europace publizierten Studie, die auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) vorgestellt wurde, können Menschen mit Herzschrittmachern sich gefahrenlos in der Nähe einer Ladestation aufhalten.
In der Studie nahmen 130 Probanden mit Herzschrittmachern oder Defibrillatoren teil, die im Mittel 59 Jahre alt waren. Es kamen vier öffentlich zugängliche, vollelektrische Fahrzeuge zum Einsatz, die mit hoher Leistung aufgeladen werden können, jedoch noch nicht die maximale Ladekapazität von 350 kW erreichen. Da zukünftige Elektroautos voraussichtlich in der Lage sein werden, diese Leistung zu nutzen, nutzte das Forscherteam zusätzlich ein Testfahrzeug, das 350 kW von Hochleistungsladegeräten abrufen konnte.
Die Herzimplantate der Studienteilnehmer wurden so eingestellt, dass die Detektion elektromagnetischer Interferenzen optimiert war. Anschließend wurden die Probanden aufgefordert, jedes Fahrzeug anzuschließen und aufzuladen, wobei das Ladekabel unmittelbar über dem implantierten Herzgerät positioniert wurde.
„Diese Studie wurde als Worst-Case-Szenario konzipiert, um die Wahrscheinlichkeit von elektromagnetischen Störungen zu maximieren.“
Die implantierten Herzgeräte wurden während des Experiments kontinuierlich auf mögliche Fehlfunktionen überwacht, wie beispielsweise das Ausbleiben der Stimulationstherapie oder die fehlerhafte Erkennung ungewöhnlich schneller Herzrhythmen. Des Weiteren wurden die Geräte nach Abschluss des Ladevorgangs auf Veränderungen in ihrer Programmierung oder mögliche Schäden untersucht. Insgesamt führten die Teilnehmer 561 Ladevorgänge durch, bei denen keine unerwünschten Ereignisse infolge elektromagnetischer Störungen festgestellt wurden. Es kam weder zu einer Unterbrechung der Stimulation bei Herzschrittmachern noch zu einer fehlerhaften Detektion schneller Arrhythmien, die bei Defibrillator-Patienten zu einer schmerzhaften Schocktherapie hätten führen können.
„Trotzdem fanden wir keine klinisch relevanten elektromagnetischen Störungen und keine Gerätefehlfunktionen während der Verwendung von Hochleistungsladegeräten, was darauf hindeutet, dass deren Verwendung für Patienten mit Herzgeräten nicht eingeschränkt werden sollte.“
Lennerz betonte jedoch, dass die Studie sich auf neuartige Ladetechnologien konzentrierte und nicht auf bisher zugängliche Heim-Ladegeräte. Der wesentliche Unterschied besteht in der Art des verwendeten Stroms. Die modernen Geräte setzen auf Gleichstrom, um höhere Leistung zu ermöglichen, während Heimladegeräte mit Wechselstrom arbeiten, der ein anderes Magnetfeld erzeugen kann. Dennoch erklärt der Münchner Kardiologe, dass das Aufladen zu Hause vermutlich sicher sei, solange angemessene Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, wie beispielsweise das Vermeiden längerer Aufenthalte in unmittelbarer Nähe des Ladekabels.
„Patienten mit Herzgeräten können beruhigt sein, dass das Laden von Elektroautos mit Hochleistungsladegeräten sicher ist. Das Risiko einer Fehlfunktion von Herzschrittmachern und Defibrillatoren ist in dieser Situation äußerst gering. Auch das Sitzen im Auto oder das Stehen neben dem Ladekabel oder Ladegerät ist sicher.“
EP Europace, doi: 10.1093/europace/euad042