Conny Zschage
Viele moderne Smartwatches und Fitnessarmbänder verfügen über integrierte LEDs. Dieses grüne Licht durchdringt die menschliche Haut und ist so in der Lage viele Körperfaktoren wie den Puls zu messen. Ein Forschungsteam der ETH Zürich hat nun Möglichkeiten gefunden, um Gene mithilfe des grünen Lichts zu aktivieren und so bestimmte Körperfunktionen wie die Insulinproduktion zu kontrollieren.
Zürich (Schweiz). Smartwatches sind Digitaluhren mit den Funktionen eines Handys. Man kann mit ihnen telefonieren, Nachrichten schreiben, Videos anschauen und manchmal sogar Fotos machen. Zusätzlich verfügen sie über zahlreiche Instrumente, mit welchen etliche Körperfunktionen wie Puls, Schrittanzahl und Kalorienverbrauch ausgelesen werden können. Das macht sie besonders für Sportler interessant.
In den letzten Jahren haben Smartwatches durch besseres Design und geringere Kosten insgesamt an Beliebtheit dazugewonnen. Sie sind leichter und stylisher geworden, es gibt eine große Auswahl und die Preise sind vergleichbar mit analogen Uhren. Sie sind zwar noch nicht so verbreitet wie Smartphones, aber längst kein Nischenprodukt mehr.
Die in Smartwatches und Fitnesstrackern verbaute Grünlicht-LED ist keine neue Technik. Prinzipiell funktioniert diese als Lichtschranke. Dadurch kann z.B. der Puls gemessen werden, da der Lichtstrahl stärker geschwächt wird, wenn mehr Blut auf seiner Laufbahn ist. Durch die steigende Popularität von Geräten, welche über solche LEDs verfügen, ist die Technologie auch für die Wissenschaft interessanter geworden. So wird schon länger nach alternativen Möglichkeiten für die Insulinzufuhr bei Diabetikern geforscht. Die bisher am weitesten verbreitete Möglichkeit, das Spritzen von Insulin, birgt viele Gefahren für den betroffenen Diabetiker. Auch Insulinpumpen sind umständlich zu benutzen und teuer in der Herstellung.
Nun haben Forscher der ETH Zürich im Fachmagazin Nature Communications eine Studie veröffentlicht, in welcher sie beschreiben, wie sie künstliche Zellen durch grünes Licht aktivieren können. Dies hat zahlreiche Vorteile: Die Wissenschaftler konnten bei ihrer Arbeit auf bereits vorhandene Programme und Entwicklerplattformen von etablierten Smartwatch-Herstellern zurückgreifen, um diese zu benutzen oder sehr einfach neue Funktionen zu programmieren.
Die künstlichen Zellen sind so konstruiert, dass sie Insulin produzieren, solange diese von grünem Licht getroffen werden. Somit wird Insulin nur dann produziert, wenn es tatsächlich benötigt wird. Falls ein Diabetiker mit solchen künstlichen Zellen ausgerüstet würde, bräuchte er zudem kein kompliziertes Gerät, sondern könnte auf eine handelsübliche Smartwatch zurückgreifen.
Allerdings ist zu beachten, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis Diabetiker tatsächlich auf solche lichtaktivierten Zellen zurückgreifen können. Denn da die Zellen bei jedem Betroffenen individuell kreiert werden müssen, um ein Abstoßen durch das körpereigene Immunsystem zu verhindern, ist es momentan noch sehr umständlich, diese Zellen erfolgreich in einen Körper einzupflanzen. Auch müsste die gesamte Methode als Behandlungstechnik zugelassen werden. Diese Zulassung kann ebenfalls mehrere Jahre dauern. Eine tatsächliche Anwendung von Smartwatches als Insulinkontrolle kann also noch einige Zeit dauern.
Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-021-23572-4