Robert Klatt
Sozial aktive Senioren haben ein deutlich geringeres Risiko für Demenz und leichte kognitive Beeinträchtigung. Im Mittel verzögern die sozialen Kontakte die Krankheit um fünf Jahre.
Chicago (U.S.A.). Forscher des Folkehelseinstituttet (FHI) haben bereits 2023 eine Studie publiziert, laut der verheiratete Senioren ein deutlich geringeres Demenzrisiko haben. Am geringsten ist demnach das Risiko bei Personen in einer langen Ehe mit Kindern. Nun haben Wissenschaftler der Rush University eine Studie publiziert, laut der einer der Gründe für das reduzierte Demenzrisiko soziale Kontakte sind. Menschen, die mit ihrem Partner, ihren Kindern oder mit Freunden gemeinsame Aktivitäten unternehmen, bewahren ihre geistige Gesundheit im Alter und erkranken deutlich später an Demenz.
Laut der Publikation im Fachmagazin Alzheimer’s & Dementia haben an der Studie 1.923 ältere Erwachsene mit einem Durchschnittsalter von etwa 80 Jahren teilgenommen, von denen im fünfjährigen Untersuchungszeitraum eine Demenz und 695 eine leichte kognitive Beeinträchtigung entwickelt haben.
„Diese Studie knüpft an frühere Arbeiten unserer Forschungsgruppe an, die gezeigt haben, dass soziale Aktivität mit einem geringeren kognitiven Abbau bei älteren Erwachsenen verbunden ist.“
Die Wissenschaftler haben die sozialen Aktivitäten der Probanden mit einem Fragebogen erfasst, der gefragt hat, ob und wie oft die Personen im letzten Jahr an typischen sozialen Aktivitäten teilgenommen haben. Dazu gehören Restaurantbesuche, Tages- oder Übernachtungsreisen, Sportveranstaltungen und Besuche bei Verwandten und Freunden. Zudem haben sie die kognitive Leistungsfähigkeit der Senioren mit einem standardisierten Test untersucht, der das Gedächtnis, das räumliche Denkvermögen und die Wahrnehmungsgeschwindigkeit umfasst.
Laut den Ergebnissen reduzieren regelmäßige soziale Aktivitäten das Demenzrisiko (-38 %) und das Risiko für eine leichte kognitive Beeinträchtigung (- 21 %) deutlich. Außerdem schätzen die Forscher, dass soziale aktive Menschen im Durchschnitt fünf Jahre später an Demenz erkranken als die am wenigsten sozial aktiven Personen und eine um drei Jahre höhere Lebenserwartung haben.
„Wir zeigen hier, dass soziale Aktivität mit einem verringerten Risiko für die Entwicklung von Demenz und leichter kognitiver Beeinträchtigung verbunden ist. Die am wenigsten sozial aktiven Senioren entwickelten Demenz im Durchschnitt fünf Jahre früher als die sozial aktivsten.“
Es ist bereits aus früheren Studien bekannt, dass soziale Interaktionen die neuronalen Netzwerke im Gehirn stärken und diese damit widerstandsfähiger gegen altersbedingte Abbauprozesse machen. Wieso soziale Aktivitäten die Entstehung kognitiver Krankheiten beeinflussen, ist jedoch noch unklar. Angesichts der positiven Ergebnisse empfehlen die Forscher, dass soziale Interaktionen in Zukunft mehr Beachtung als Intervention zur Reduzierung von Demenzrisiken erhalten sollten.
Alzheimer’s & Dementia, doi: 10.1002/alz.14316