Robert Klatt
Ein Sportprogramm unter professioneller Anleitung kann bei Menschen mit einer generalisierten Angststörung oder Panikstörung die Symptome deutlich lindern.
Göteborg (Schweden). Menschen mit einer Angststörung werden derzeit entweder medikamentös mit Antidepressiva oder Anxiolytika oder mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. Viele Patienten lehnen Psychopharmaka jedoch aufgrund der Stigmatisierung und der teilweise starken Nebenwirkungen ab. Hinzukommt, dass in den meisten Regionen nicht ausreichend Behandlungsplätze für eine Psychotherapie vorhanden sind. Die Wissenschaft sucht deshalb nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten, die einfach durchführbar und nebenwirkungsarm sind.
Ein Team der Universität Göteborg hat nun eine Studie veröffentlicht, laut der eine Sporttherapie bei Menschen mit einer generalisierten Angststörung oder Panikstörung Ängste und Depressionen lindern kann.
Laut der Publikation im Journal of Affective Disorders nahmen an der Studie 223 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren teil. Etwa die Hälfte der mehrheitlich weiblichen Studienteilnehmer (70 %) litt seit mindestens 10 Jahren unter Angstzuständen. Außerdem waren die meisten Teilnehmer unsportlich und übergewichtig.
Per Losverfahren wurden die Probanden in drei Gruppen unterteilt. Zwei Gruppen absolvierten ein 12-wöchige Sportprogramm, in dem sie per Woche dreimal mit einem Trainer in einem Fitnesscenter trainierten. Die Übungen umfassten sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining. Eine Gruppe trainiert mit niedriger Intensität, die andere Gruppe mit mittlerer und hoher Intensität.
Ob und welche Auswirkungen die Sportübungen auf die Psyche der Probanden hatten, untersuchten die Wissenschaftler mit dem Beck-Angst-Inventar (BAI) und der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS). Angepeilt war eine Verbesserung der BAI um 5 Punkte und der MADRS um 3 Punkte.
Im Vergleich zur Kontrollgruppe, die nur Ratschläge zur gesunden Lebensführung, aber kein Sportprogramm erhielt, konnten die beiden Sportgruppen sich sowohl im BAI als auch auf der MADRS stärker verbessern.
Im Bai verbesserten sich die Probanden mit niedriger Intensität im Mittel um 3,62, die Probanden mit mittlerer und hoher Intensität um 4,88. Im MADRS lag die Verbesserung bei 4,36 und 4,96 Punkten.
Die Probanden absolvierten im Durchschnitt 25 der 36 geplanten Übungsstunden. Dies führte als positive Nebenwirkung dazu, dass sich auch die kardiovaskuläre Fitness und die Muskelkraft verbesserte. Laut den Autoren korrelierten diese Effekte aber nicht mit der Linderung von Angst und Depressionen.
Wieso das Sportprogramm sich positiv auf die Psyche der Probanden ausgewirkt hat, zeigt die Studie nicht. Die Autoren vermuten, dass neben neurobiologischen Phänomenen auch die Interaktion mit den Physiotherapeuten entscheidend gewesen sein könnte.
Journal of Affective Disorders, doi: 10.1016/j.jad.2021.10.006