Robert Klatt
Limbusstammzelleninsuffizienz kann bisher nur schwer behandelt werden. Eine neue Stammzellentherapie hat nun mehrere Patienten geheilt und ihnen ihre Sehfähigkeit zurückgegeben.
Osaka (Japan). Beim Menschen wird die äußerste Schicht der Hornhaut von Stammzellen im Limbusring erhalten. Wenn in diesem dunklen Ring um die Iris nicht ausreichend Stammzellen vorhanden sind, kommt es zu einer Krankheit, die in der Medizin als Limbusstammzelleninsuffizienz bezeichnet wird. Dabei wird die Hornhaut von Narbengewebe überdeckt und es kommt schlussendlich zur Erblindung. Verursacht wird die Limbusstammzelleninsuffizienz vor allem durch Verletzungen am Auge sowie durch autoimmun- oder genetische Erkrankungen.
Bisher kann die Limbusstammzelleninsuffizienz nur schlecht behandelt werden. Meistens erfolgt eine Transplantation von Hornhautzellen, die aus Stammzellen des gesunden Auges des Patienten gewonnen werden. Menschen, bei denen beide Augen von einer Limbusstammzelleninsuffizienz betroffen sind, können nur mit einer Hornhauttransplantation von verstorbenen Spendern behandelt werden. Diese werden aber oft vom Immunsystem des Empfängers abgestoßen.
Forscher der Universität Osaka haben laut einer Publikation im Fachmagazin The Lancet deshalb an zwei Frauen und zwei Männer im Alter 39 bis 72 Jahren mit einer Limbusstammzelleninsuffizienz an beiden Augen eine alternative Behandlung erprobt. Sie haben dazu aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) Hornhauttransplantate hergestellt, mit denen die beschädigte Hornhaut der Patienten ersetzt wurde. Die Blutstammzellen stammen von einem gesunden Menschen und wurden in einen embryonalen Zustand zurückversetzt. Anschließend entstanden aus ihnen Hornhautepithelzellen.
Es war bereits vor der Studie bekannt, dass es bei der Verwendung von iPS-Zellen zu Tumoren kommen kann. Bei den vier Probanden traten jedoch keine Tumore und keine anderen schweren Nebenwirkungen auf. Abstoßungsreaktionen wurden ebenfalls bei keinem der Patienten beobachtet, obwohl nur zwei der vier Empfänger Immunsuppressiva eingenommen haben.
„Es ist wichtig und beruhigend zu sehen, dass die Transplantate nicht abgestoßen wurden.“
Bei allen vier Patienten hat sich die Sehkraft unmittelbar nach der Transplantation merklich verbessert und die von LSCD betroffenen Hornhautbereich wurden kleiner. Die Verbesserungen hielten bei drei der vier Patienten an, während es bei einer Person innerhalb eines Jahres leichte Rückschritte gab.
Laut den Forschern ist es noch unklar, welche Prozesse die Sehverbesserungen verursacht haben. Es ist denkbar, dass die transplantierten Zellen sich in den Hornhäuten der Empfänger vermehrt haben. Die bessere Sehkraft kann sich aber auch verbessert haben, weil die Forscher vor der Transplantation das Narbengewebe entfernt haben oder weil das Empfängergewebe eine Reaktion auslöst, bei der eigenen Zellen in andere Regionen des Auges wandern und die Hornhaut regenerieren. Angesichts der positiven Ergebnisse möchten die Forscher weitere klinische Studien mit mehr Probanden durchführen, um die Sicherheit und die Wirksamkeit der Behandlung zu untersuchen.
„Diese Erfolgsgeschichten zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
The Lancet, doi: 10.1016/S0140-6736(24)01764-1