Longevity Medicine

Start-up möchte menschliche Embryos zur Organernte züchten

Robert Klatt

Entwicklung eines künstlichen Embryos von Tag 1 (oben links) bis Tag 8 (unten rechts) )li.ca.nnamziew.rednaw-siw(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Das isrealische Start-up Renewal Bio möchte aus Stammzellen künstlich Menschen im Embryonalstadium züchten
  • Diese sollen als Lieferanten für Organe und Gewebe dienen, um das Leben der Kunden zu verlängern
  • Bisher befinden sich die dafür verwendeten künstlichen Gebärmuttern noch in einem frühen Entwicklungsstadium

Das Start-up Renewal Bio möchte künstlich Menschen im Embryonalstadium züchten, um Gewebe zur Lebensverlängerung ihrer Kunden zu erzeugen.

Rechovot (Israel). Die Longevity Medicine ist eine noch relativ junger Teilbereich der präventiven Präzisionsmedizin, der sich mit lebensverlängernden Maßnahmen beschäftigt. Das israelische Start-up Renewal Bio hat nun einen angekündigt, künstlich Menschen im Embryonalstadium züchten zu wollen, deren Gewebe zur Organernte verwendet werden soll. Das dabei gewonnene Gewebe soll verwendet werden, um das Leben der Kunden zu verlängern.

Als Basis der „Embryozucht“ dienen künstlichen Gebärmuttern, eine Innovation der Stammzelltechnologie, die von Wissenschaftlern um Jacob Hanna vom Weizmann Institute of Science entwickelt wurde. Die Methode wurde bereits verwendet, um Mäuseembryonen, die aus Mäusestammzellen erschaffen wurden, in den künstlichen Gebärmuttern mehrere Tage wachsen zu lassen. Am Ende des Experiments besaßen die Mäuseembryonen schlagende Herzen, eine Schädelfalte und einen Blutfluss.

Übertragung auf menschliche Zellen

Es handelte sich bei diesem Experiment um eine Weltpremiere, bei dem laut der Publikation im Fachmagazin Cell erstmals ein fortgeschrittener Embryo ohne Spermien, Eizellen und eine echte Gebärmutter erschaffen wurde. „Dieses Experiment hat enorme Auswirkungen. Man fragt sich, welches Säugetier als Nächstes an der Reihe sein könnte“, kommentierte Bernard Siegel vom World Stem Cell Summit den wissenschaftlichen Durchbruch.

Laut Hanna arbeiten die Forscher des Weizmann Institute of Science bereits daran, die Technik auf den Menschen zu übertragen. Es soll so möglich werden, künstliche menschliche Embryonen zu züchten, die einem natürlichen Baby entsprechen, das etwa zwei Monate alt ist. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits winzige Gliedmaßen und die grundlegenden Organe vorhanden.

Natürlicher Nachbau des Körpers

Obwohl der Embryo künstlich ist, baut er den menschlichen Körper auf natürliche Weise nach. „Können wir diese organisierten Embryo-Entitäten mit frühen Organen nutzen, um Zellen zu erhalten, die für Transplantationen verwendet werden können? Wir sehen das als einen möglicherweise universellen Ausgangspunkt“, erklärt Hanna.

In aktuellen Versuchen konnten laut Hanna künstliche Mäuse-Embryonen erschaffen werden, die der natürlichen Vorlage zu 95 Prozent entsprechen. Aktuell ist das Verfahren aber mit einer Erfolgsquote von unter einem Prozent noch sehr ineffizient. Viele der künstlichen Mäuseembryonen entwickelten sich demnach nicht richtig. Zudem kam es häufig zu Anomalien wie Herzproblemen.

Unterschiedlichste Einsatzmöglichkeiten

Die Einsatzmöglichkeiten der Methode in der Longevity Medicine sind laut Renewal Bio sehr vielfältig. Es ist unter anderem denkbar, dass das Immunsystem von älteren Menschen mit embryonalen Blutzellen gestärkt wird. Eine embryonale Kopie einer altersbedingt unfruchtbaren Frau könnte zudem dazu verwendet, um eine junge Eizelle für die Befruchtung herzustellen.

Wie das Start-up Renewal Bio diese und andere Nutzungsmöglichkeiten umsetzen möchte, ist bisher jedoch noch nicht bekannt. „Wir wollen nicht zu viel versprechen, und wir wollen die Leute nicht verängstigen“, erklärt Omri Amirav-Drory, CEO von Renewal Bio.

Experimente mit menschlichen Zellen

Wie MIT Technology Review berichtet, plant Hanna als nächsten Schritt Experimente mit seinen Blut- oder Hautzellen, aus denen synthetische menschliche Embryos gezüchtet werden sollen. Laut ihm handelt es sich bei den tausenden künstlichen genetischen Klonen um „Wesen ohne Zukunft“, die nicht lebensfähig sind. Es ist demnach nicht möglich, dass aus dem Embryo im Reagenzglas ein echter Mensch entsteht.

Experimente wie dies von Hanna sorgen in der Wissenschaft trotzdem für Debatten, in denen es etwa darum geht, ob synthetische Embryos Rechte haben sollten. Umstritten ist außerdem, ob diese als Grundmaterial für Medizin und Wissenschaft verwendet werden dürfen. Laut Hanna können die ethischen Bedenken beseitigt werden. „Wir halten das für wichtig und haben viel in dieses Thema investiert“, so der Forscher. Denkbar ist es laut, die Bildung von Herz, Lunge oder Gehirn zu unterbinden, in dem man die Gene der Embryonen verändert, um ihr Lebenspotential weiter einzuschränken.

Start-up Renewal Bio im frühen Entwicklungsstadium

Renewal Bio hat die Methode bereits vom Weizmann Institute of Science lizensiert und forscht nun ebenfalls daran, die Inkubatortechnik sowie die Überwachung der Embryonen zu verbessern. Aktuell befindet sich das Unternehmen laut Amirav-Drory aber noch in einem frühen Entwicklungsstadium, in dem noch untersucht wird, welche Möglichkeiten die künstlichen Embryonen bieten. Bis die ersten Menschen mit Gewebe von künstlichen Embryonen behandelt werden, dauert es also noch sehr lange.

Cell, doi: 10.1016/j.cell.2022.07.028

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