Robert Klatt
Flugpersonal erkrankt aufgrund der hohen Strahlungsbelastung, der Schichtdienste und des ständigen Schlafmangels doppelt so oft an Krebs wie die Allgemeinbevölkerung, obwohl in der Berufsgruppe andere Risikofaktoren wie Rauchen und Übergewicht weniger häufig vorkommen.
Cambridge (U.S.A.). Strahlung aus dem Weltraum kann Bits verändern und Computer sowie Smartphones zum Abstürzen bringen. Auch beim Menschen kann kosmische Strahlung zu schweren Zellschäden, Mutationen und sogar zum Tod führen. Auf dem Boden sorgen verschiedene natürliche Schutzschilde der Erde, wie die Teilchenbarriere in etwa 11.500 Kilometer Höhe und ein temporärer dritter Strahlungsgürtel dafür, dass die Strahlungsdosis nicht zu Gesundheitsproblemen führt.
Im Gebirge und in Flugzeugen ist die Strahlenbelastung jedoch deutlich höher, weil der Schutzschild des Planeten nicht die komplette Strahlung herausfiltern kann. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ermittelte aus diesem Grund bereits im Jahr 2005, dass Flugpersonal mit einer jährlichen Strahlungsbelastung von 1,8 Millisievert zu den am meisten durch Strahlung belasteten Berufsgruppen gehört. Nun hat eine Studie der Harvard University untersucht, welche Folgen dies für die Gesundheit von Piloten und Flugbegleitern hat.
Bisherige Studien, die sich mit den Auswirkungen der Strahlungsbelastung auf die Gesundheit des Flugpersonals beschäftigt hatten, kamen zu konträren Ergebnissen. Die im Fachmagazin BMC Environmental Health von den Wissenschaftlern um Studienleiterin Irina Mordukhovich publizierte Studie, hat aus diesem Grund eine deutlich größere Datenbasis ausgewertet. Insgesamt haben die Forscher Krankheitsdaten von 5.366 US-Flugbegleitern mit der Allgemeinbevölkerung verglichen.
Die Auswertung der Gesundheitsdaten zeigt, dass 15 Prozent der 5.366 Flugbegleiter bereits einmal an Krebs erkrankten. Dies ist deutlich mehr als bei der Kontrollgruppe aus der Allgemeinbevölkerung und trat bei allen Krebsarten auf. Laut Mordukhovich „ist das auch deshalb erstaunlich, weil es in dieser Beschäftigungsgruppe viel weniger Raucher und Übergewichtige gibt.“
Während Frauen in den U.S.A durchschnittlich zu 2,3 Prozent an Brustkrebs erkranken, lag die Quote unter Flugbegleiterinnen bei 3,4 Prozent. Die Erkrankungsrate bei Krebs im Magen-Darm-Trakt lag beim Flugpersonal bei 0,47 Prozent, bei der Allgemeinbevölkerung liegt sie bei nur 0,27 Prozent. Auch der schwarze Hautkrebs (Melanom) kam bei Flugbegleitern mit 1,2 statt den 0,69 Prozent der übrigen Bevölkerung deutlich häufiger vor.
Laut den Forschern sind neben der Strahlung dafür noch andere Faktoren mitverantwortlich, darunter Schlafmangel, der das Immunsystem schwächen und die Genaktivität verändern kann, sowie Schichtdienste, die laut einer Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Krebs auslösen können. Mordukhovich konstatiert, dass „Flugbegleiter in ihrem Job einer ganzen Reihe von Faktoren ausgesetzt, die Krebs auslösen können, darunter die kosmische Strahlung, die Störung des Tag-Nacht-Rhythmus, aber auch mögliche chemische Verunreinigungen der Flugzeugluft.“
BMC Environmental Health, doi: 10.1186/s12940-018-0396-8