Dennis L.
Die kleine blaue Wunderpille hilft nachweisliche bei Erektionsproblemen. Aber können Placebos auch Potenzmittel mit medizinischen Wirkstoffen wie Sildenafil ersetzen? Mit Hilfe einer Metaanalyse überprüfen Forscher erstmals diese Frage und finden heraus, dass die Wirkung der Medikamente ganz stark von der jeweiligen Grunderkrankung der Person abhängt.
Stockholm (Schweden). Der in Potenzmitteln enthaltene Wirkstoff Sildenafil, ein Arzneistoff aus der Gruppe der PDE-5-Hemmer, ist nachweislich bei erektilen Dysfunktionen wirksam. Wie aber sieht es bei Probanden mit Erektionsstörungen aus, wenn sie anstatt Viagra unwissentlich ein Placebo einnehmen? Kommt es dennoch zu einer Erektion oder bleibt diese aus? Schwedische Forscher haben dies nun mit Hilfe einer Metaanalyse untersucht und sind dabei zu einem überraschendem Ergebnis gekommen.
Viagra, das weltweit wohl bekannteste Medikament zur Behandlung von Erektionsstörungen, nutzt den Arzneistoff Sildenafil. Dabei handelt es sich um einen PDE-5-Inhibitor (Phosphodiesterase-Typ-5-Hemmer), der zu den gefäßerweiternden Substanzen gehört. Die Wirkung von Viagra kommt letztendlich dadurch zustande, dass der Wirkstoff ein Enzym im Körper hemmt, welches für den Abbau von cyclischem Guaninmonophosphat (cGMP) verantwortlich ist. Dieser Stoff führt bei einer sexuellen Erregung zu einer Erweiterung der Penisarterien, so dass vermehrt Blut in den Schwellkörper einfließen kann. Viagra bzw. Das Arzneimittel Sildenafil sorgt somit indirekt für eine erhöhte Konzentration von cGMP im Körper und führt dadurch zu einer verstärkten Erektion.
Wie die Forscher Alexander Stridh, Moa Pontén und Stefan Arver vom Karolinska-Institut in Stockholm im Fachjournal JAMA Network Open berichten, ist der Placebo-Effekt bei der Behandlung von erektilen Dysfunktionen in der medizinischen Fachliteratur bisher kaum beschrieben.
Aus diesem Grund führten die Forscher ein systematisches Review sowie eine Metaanalyse zu diesem Thema durch. Als Datengrundlage griffen Stridh und seine Kollegen auf Datensätze von insgesamt 12.564 Männern mit erektiler Dysfunktion aus unterschiedlichen Gründen zu, die an insgesamt 63 klinischen placebokontrollierten Doppelblind-Studien mit PDE-5-Hemmern teilnahmen.
Die Probanden waren dabei alle zwischen 36 und 68 Jahre alt, das Durchschnittsalter lag dabei bei 55 Jahren, und litten aus unterschiedlichen Gründen an erektiler Dysfunktion. Wie die Forscher schreiben, konnte bei leichten bis moderaten Erektionsproblemen auch ein Placebo eine verbessernde Wirkung erzielen. Wobei in der Vergleichsgruppe die Wirkung von PDE-5-Hemmern signifikant besser war als die Placebos.
Bei Probanden die eine Prostata-Operation oder eine Strahlentherapie bekamen, konnten die Forscher hingegen keinen signifikanten Unterschied zwischen Placebo und Potenzmedikament feststellen.
Die Forscher vermuten, nachdem sie die Wirkung von Placebos und echten Potenzmedikamenten auf verschiedene Ursachen der erektilen Dysfunktion hin untersucht haben, dass Medikamente wie Viagra, welche den Arzneistoff Sildenafil nutzen, besonders gut bei erektilen Dysfunktion mit vaskulären Ursachen wie Atherosklerose oder Diabetes wirken. Hier ist laut Studienautoren eine Verbesserung durch den Wirkmechanismus der PDE-5-Hemmer, der sogenannte vasodilatierende Effekt, auch plausibel. „Bei Schädigungen der Nerven durch eine Operation oder eine Strahlentherapie sei dagegen mit keinem spezifischen Effekt zu rechnen“, so die Forscher.
JAMA Network Open; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2020.1423