D. Lenz
Wissenschaftler entwickeln einen Atemtest, der nach dem Spürnasenprinzip von Hunden, Lungenkrebs bereits im Frühstadium erkennen kann.
Bad Nauheim (Deutschland). Oftmals bleibt der beschwerdefreie, schleichende Beginn von Lungenkrebs unbemerkt. Dies ist einer der Hauptgründe dafür, dass Betroffene oft rund fünf Jahre nach der Diagnose versterben, denn oft beginnt die Behandlung erst dann, wenn der Krebs schon zu sehr gestreut hat und sich in einem fortgeschrittenen Stadium befindet. In den USA greifen Ärzte deshalb vorsorglich zu Routineuntersuchungen sogenannter Hochrisiko-Gruppen, zu denen beispielsweise starke Raucher gehören. Die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten fälschlicherweise als krank eingestuft werden, ist hier jedoch sehr hoch, was psychische Belastung und Ängste unnötig schürt.
Mit der Spürnase von Hunden als Vorbild haben der Wissenschaftler Guillermo Barreto vom Max-Planck-Institut in Bad Nauheim und seine Kollegen nun eine Methode entwickelt, welche eine frühe Krebserkennung möglich macht. Da Krebstumore leicht flüchtige, spezifische Stoffe freisetzen, sind Hunde in der Lage, bestimmte Krebsarten mit hoher Trefferquote zu erschnüffeln. Ähnliche Eigenschaften hat ein neu entwickelter Detektor, welcher anhand eines Atemtests die Spuren durch Krebswachstum veränderter RNA-Molekülen erkennt.
Die RNA ist - anders als die DNA - nicht in jeder Zelle identisch, so dass aus einem DNA-Abschnitt mehrere RNA-Varianten entstehen können. Gesunde Zellen beinhalten solche RNA-Varianten in bestimmten Verhältnissen, während bestimmte Gene RNA-Varianten bilden, die aufgrund der Menge pro Zelle Aufschluss darüber geben, ob der Patient erkrankt oder gesund ist.
Um Auswertungen erstellen zu können, haben Barreto und sein Team RNA-Moleküle des Lungengewebes sowohl von gesunden als auch erkrankten Probanden ausgewertet. Hierfür entwickelten sie eine Methode, die RNA-Moleküle zu isolieren, da diese im Atem nur gering oder gar zerstückelt vorkommen. Die Ergebnisse wiesen deutliche Unterschiede zwischen gesunden und kranken Probanden auf, so dass das Forschungsteam aufgrund dieser Daten Diagnosemodelle und schließlich den Atemtest erstellen konnten.
Mit 138 Probanden, 78 Gesunden und 60 nachweislich an Lungenkrebs Erkrankten, wurden die Atemtests durchgeführt. Die Ergebnisse waren treffsicher. Der Test identifizierte bei 59 der 60 Erkrankten tatsächlich den Lungenkrebs. Auch schlug der Test bei zehn Prozent der gesunden Probanden an, dies sind jedoch Werte, die weitaus verlässlicher sind als die regulären, bisherigen Computertomografien, bei denen laut Forschern 90 Prozent der angeblich erkrankten Patienten in Wirklichkeit gesund seien.
Auch, wenn der neu entwickelte Atemtest eine zuverlässige Trefferquote hat, wird er laut Barreto die herkömmlichen Verfahren zur Lungenkrebserkennung nicht völlig ersetzen können. Jedoch könne er "ergänzend eingesetzt werden, um frühe Krebsstadien besser zu erkennen und die falsch-positiven Diagnosen zu reduzieren", wie die Forscher im Magazin EMBO Molecular Medicine berichten. Weiterhin werden die Wissenschaftler aber an den bevorstehenden klinischen Studien mitwirken und RNA-Profile auch zur Früherkennung anderer Krankheiten nutzen, denn die RNA ermöglicht ein Erkennen kleinster Veränderungen und den damit verbundenen Erkrankungen des Gewebes und der Zellen.