D. Lenz
Ein Mangel an dem männlichen Sexualhormon Testosteron kann zu Antriebsschwäche, andauernder Müdigkeit, dem Verlust der Lust und zu schweren Depressionen führen.
Washington (U.S.A.). Testosteron ist ein oftmals unterschätztes Hormon, welches große Auswirkungen auf die Gesundheit und den psychischen Zustand haben kann. In einem Forschungsprojekt der George Washington University haben Wissenschaftler den Testosteronmangel bei Männern genauer untersucht und feststellen können, dass bereits sogar Probleme auftreten können, wenn der Grenzwert noch nicht unterschritten sind.
Wenn Männer unter einer allgemeinen Antriebsschwäche leiden, andauernd von Müdigkeit geplagt sind und immer seltener Lust auf sexuelle Aktivität verspüren, könnte ein Testosteronmangel die Ursache dafür sein. Alleine die Symptome sind schon Anlass für eine depressive Stimmung, aber die Forscher fanden nun heraus, dass ein Mangel des männlichen Sexualhormons Testosteron auch zu einer schweren Depression (major depression) führen kann. Sie fordern daher eine erhöhte Aufmerksamkeit bei sogenannten Risikopatienten.
Im Alter nimmt der Testosteronspiegel stätig ab – das ist eine völlig normale Alterserscheinung. So etwa ab dem 40. Lebensjahr sinkt der Hormongehalt im Blut und umgangssprachlich wird hier oftmals von den Wechseljahren des Mannes gesprochen. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat diese nicht medizinische Interpretation des sinkenden Testosteronspiegels jedoch schon vor längerer Zeit für einen Mythos erklärt. Nur bei drei bis fünf Prozent der altersbedingten Testosteronreduktion bei Männern zwischen 60 und 79 Jahren ist der Hormonmangel überhaupt medizinisch relevant.
Die Wissenschaftler untersuchten für ihre Studie 200 Männer im Alter zwischen 20 und 77 Jahren mit einem grenzwertigen Testosteronspiegel mit einem Wert zwischen 6,9 und 12 nmol/l. Die 200 Männer wurden zudem zu ihrem allgemeinen Gesundheitszustand befragt, wobei der Fokus aber auf Symptomen einer Depression lag.
Bei der Ergebnisauswertung zeigte sich, dass 56 Prozent der Männer mit einem zu niedrigen Testosteronspiegel klinische Symptome einer Depression aufwiesen, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Sexual Medicine berichten. Der Vergleichswert liegt hier lediglich zwischen sechs und 23 Prozent. Knapp ein Drittel der untersuchten Männer war bereits in fachärztlicher Behandlung und wurden unter anderem mit Antidepressiva behandelt. In dieser kleineren Gruppe waren zudem besonders häufig auch andere Symptome des Testosteronmangels zu finden. Dazu zählten Motivationsprobleme, Potenzprobleme, Schlafstörungen und Übergewicht.
Die Wissenschaftler empfehlen als Fazit aus ihren Studienergebnissen, dass auch Männer mit einem geringen Testosteronmangel, deren Werte nahe am unteren Grenzwert liegen, sich von ihrem Hausarzt oder einem Speziallisten auf Symptome einer Depression untersuchen lassen sollten und bei Bedarf ihren Testosteronspiegel erhöhen sollten. So könnte das Entstehen einer manifestierten Depression verhindert werden oder zumindest die Symptome behandelt werden können.