Robert Klatt
Eine elektromagnetische Induktion leichter Ströme im Gehirn verringert die Erregbarkeit des Suchtzentrums. Dies hilft Rauchern beim Aufhören.
Beer-Sheva (Israel). Wissenschaftler der Medical University of South Caroline in Charleston haben bereits 2013 im Fachmagazin Biological Psychiatry eine Studie veröffentlicht, laut der die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) Rauchern beim Aufhören helfen kann. Wirklich aussagekräftig waren die in der Studie gewonnenen Indizien jedoch nicht, weil nur 16 Probanden daran teilnahmen. Ein internationales Team von Forschern aus den U.S.A. und Israel hat deshalb eine weitere Studie mit 262 Probanden durchgeführt.
Das Gehirn wird bei der Transkraniellen Magnetstimulation durch kurze Magnetfelder angeregt. Diese werden durch eine Magnetspule erzeugt, die über dem Kopf des Patienten gehalten wird. Die Stimulation erfolgt also von außen durch die Schädeldecke. Durch die elektromagnetische Induktion löst das Magnetfeld einen minimalen Strom im Hirngewebe aus. Weil Nervenzellen elektrische Signale verarbeiten, kann die TMS so unmittelbar die Informationsverarbeitung des Gehirns beeinflussen. Therapeutisch wird diese Methode bereits seit 20 Jahren eingesetzt.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin World Psychiatry nutzen die Wissenschaftler für ihre Rauchentwöhnungsstudie eine spezielle Form der TMS. Diese aktiviert das Gehirn großflächig in allen Regionen, die wahrscheinlich das Suchtverhalten des Menschen beeinflussen. Dazu gehören unter anderem die Frontallappen des Gehirns, deren Signale in tieferen Zonen des Gehirns verarbeitet werden. Die These der Forscher war, dass eine Stimulation dieser Regionen durch die magnetisch induzierten leichten Ströme die Erregbarkeit des Suchtzentrums verringert und damit auch das Verlangen nach Zigaretten beziehungsweise Nikotin reduziert.
Alle Probanden der Studie haben zuvor mindestens einmal versucht mit dem Rauchen aufzuhören. Im Rahmen des Experiments wurde die Hälfte tatsächlich mit TMS behandelt, die andere Hälfte nur zum Schein. Die Abstinenzrate bei den Probanden mit TMS war nach sechs Wochen mit 28 Prozent mehr als doppelt so hoch wie bei der Kontrollgruppe.
Als Reaktion auf das erstaunliche Ergebnis hat die Food and Drug Administration (FDA) die TMS-Therapie anerkannt. Dies war so schnell möglich, weil in den U.S.A. TMS bereits seit 2008 zur Behandlung von Depressionen zugelassen ist. In den Folgenjahren erfolgte auch die Zulassung für verschiedene Zwangserkrankungen und Migräneformen. Auch in Deutschland können sich Personen prinzipiell per TMS behandeln lassen. Die Kosten dafür werden aber fast nie von den Krankenkassen übernommen.
Biological Psychiatry, doi: 10.1016/j.biopsych.2013.01.003
World Psychiatry, doi: 10.1002/wps.20905