Aktivitätsparadoxon

Überraschende Verbindung zwischen Demenz und körperlicher Arbeit entdeckt

Robert Klatt

Aktivitätsparadoxon - Körperliche Arbeit erhöht Demenzrisiko )kcotS ebodAsaileraK saerdnA(Foto: © 

Körperliche Aktivität kann das Demenzrisiko reduzieren. Nun wurde eine paradoxer Zusammenhang zwischen körperlicher Arbeit und Demenz entdeckt.

Oslo (Norwegen). In den letzten Jahren haben unterschiedliche Studien, darunter eine Publikation der University of California, San Francisco (UCSF) zur Muskelmasse, gezeigt, dass körperliche Aktivität das Demenzrisiko reduziert. Forscher des Norwegian Institute of Public Health (NIPH) um Vegard Skirbekk haben nun eine Studie publiziert, laut der Berufe mit körperlicher Aktivität auf mittleren bis hohem Niveau paradoxerweise das Risiko für kognitive Krankheiten wie Demenz erhöhen.

„Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie sich die körperliche Aktivitätslevel am Arbeitsplatz auf kognitive Beeinträchtigungen und Demenz auswirken. Unsere Arbeit hebt auch das sogenannte körperliche Aktivitäts- (PA) Paradoxon hervor - die Assoziation von Freizeit-körperlicher Aktivität mit besseren kognitiven Ergebnissen und wie arbeitsbezogene körperliche Aktivität zu schlechteren kognitiven Ergebnissen führen kann.“

Die Wissenschaft hat bisher nur eingeschränkte Studien zum Zusammenhang zwischen körperlichen Berufen und Demenz erstellt. Laut Skirbekk hat die neue Studie die Frage deutlich umfassende untersucht.

„Unsere Ergebnisse erweitern diejenigen aus früheren Studien, indem sie eine Lebensverlaufsperspektive in die Forschung über berufliche körperliche Aktivität und kognitive Beeinträchtigung integrieren. Während frühere Studien sich auch hauptsächlich auf eine einzelne Messung der Berufstätigkeit konzentriert haben, beziehen wir berufliche Verläufe im Alter von 33–65 ein, um ein breiteres Bild der beruflichen Laufbahnen der Teilnehmer zu erhalten und wie diese sich auf das Risiko kognitiver Beeinträchtigung im späteren Erwachsenenalter beziehen.“

Körperliche Arbeit und Demenz

Die neue Studie basiert auf Gesundheitsdaten der sogenannten HUNT4 70+ Studie. Es handelt sich dabei um die global größte bevölkerungsbasierte Studie zu Demenz. Zuvor konnten deren Studiendaten unter anderem zeigen, dass verheiratete Senioren ein reduziertes Demenzrisiko haben.

Laut der Publikation im Fachmagazin The Lancet Regional Health – Europe haben die Forscher 7.005 Menschen einbezogen, von denen 902 klinisch mit Demenz und 2407 mit leichter kognitiver Beeinträchtigung diagnostiziert wurden. Die Forscher haben bewertet, ob ein Zusammenhang zwischen den beruflichen körperlichen Aktivität im Alter von 33 bis 65 Jahren und dem Demenzrisiko im Alter von 70 Jahren besteht.

Das Risiko für Demenz und leichte kognitive Beeinträchtigung unter der Bevölkerung der über 70-Jährigen betrug 15,5 Prozent bei denen mit körperlich anspruchsvoller Arbeit im späteren Teil des Erwerbslebens, aber nur 9 Prozent bei denen mit Berufen mit geringen körperlichen Anforderungen.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen besonders die Notwendigkeit, Personen mit hoher lebenslanger beruflicher körperlicher Aktivität nachzuverfolgen, da sie anscheinend ein größeres Risiko haben, an Demenz zu erkranken. Zukünftige Forschungen sollten untersuchen, wie sich berufliche körperliche Aktivität und Interventionen zur Reduzierung der beruflichen körperlichen Aktivität oder technologische Veränderungen, die zu veränderten Aktivitäten führen, in Kombination mit anderen Merkmalen des Jobs, auf das Risiko für Demenz und leichte kognitive Beeinträchtigung im höheren Alter beziehen. Dies wird unser Verständnis für den Zusammenhang zwischen beruflichen Laufbahnen und kognitiver Beeinträchtigung vertiefen.“

Die Studie zeigt zudem, dass die präklinische Phase der Demenz bis zu zwei Jahrzehnte vor dem Auftreten von Symptomen beginnen kann. Ein Lebensverlaufsansatz, bei dem verschiedene Berufe während des Erwerbslebens berücksichtigt werden, könnte deshalb genauere Informationen über die komplexen Beziehungen zwischen beruflichen Merkmalen und kognitiver Beeinträchtigung liefern.

The Lancet Regional Health – Europe, doi: 10.1016/j.lanepe.2023.100721

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