Robert Klatt
Ein neuer Universalimpfstoff gegen Coronaviren bietet einen breiten Schutz. Dieser könnte in Zukunft weitere Pandemien verhindern.
Chapel Hill (U.S.A.). Alle aktuellen Impfstoffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 basieren auf einer spezifischen Oberflächenstruktur, dem sogenannten Spike-Protein, die das Virus zum Eintritt in die menschlichen Zellen verwendet, die aber auch dem Immunsystem als Erkennungszeichen dient. In der Medizin existiert deshalb die Befürchtung, dass Mutationen des Virus zu Änderungen am Spike-Protein führen können, die dazu führen könnten, dass alle bisherigen Impfungen weniger effektiv sein könnten.
Wissenschaftler der University of North Carolina haben nun einen Universalimpfstoff entwickelt, der nicht nur bei SARS-CoV-2 und seinen Mutationen, sondern auch bei zukünftigen Coronaviren wirken soll. Laut des Teams um David Martinez könnten so zukünftige Pandemien, für die Coronaviren als die größten Risikokandidaten gelten, verhindert werden.
Das Grundprinzip des neuen Universalimpfstoffs ist identisch mit den bereits zugelassenen mRNA-Impfstoffen von Pfizer/BioNTech und Moderna, die einen genetischen Bauplan für das Spike-Protein enthalten und dadurch in den Zellen einen Prozess auslösen, bei dem das Immunsystem entsprechende Antikörper bildet.
Anstatt nur einen Bauplan für ein spezifisches Spike-Protein enthält der Universalimpfstoff jedoch chimäre Spike-Proteine, also eine Kombination aus Spike-Proteinen unterschiedlicher Coronaviren. In einer dieser Chimären sind etwa Bestandteile der Spike-Proteine von SARS-CoV-2, dem Auslöser der Covid-19-Pandemie, sowie SARS-CoV, das die erste SARS-Pandemie 2003 auslöste, und ein Coronavirus, das bisher nur bei Fledermäusen auftritt, aber in Zukunft auf den Menschen überspringen könnte, vorhanden.
In einem Tierversuch erprobten die Wissenschaftler ihren Ansatz mithilfe von Mäusen, denen eine Kombination aus vier verschiedenen Chimären-Bauplänen geimpft wurde. Die Kontrollgruppen erhielten stattdessen eine Impfung gegen Noroviren oder einen mRNA-Impfstoff, der statt der Chimären-Bauplänen nur den Bauplan für das SARS-CoV-2-Spike-Protein enthielt.
Die Mäuse, die den neuen Kombi-Impfstoff erhielten, produzierten sowohl gegen die Fledermaus-Variante als auch gegen SARS-CoV und SARS-CoV-2 funktionierende Antikörper. Sie erkrankten deshalb nicht, nachdem die Wissenschaftler sie nach abgeschlossener Immunisierung den Viren aussetzen. Auch Schäden am Lungengewebe oder anderen Organen entstanden nicht.
Bei den Mäusen, die lediglich gegen SARS-CoV-2 geimpft waren, kam es hingegen zu Infektionen mit SARS-CoV. Auch die südafrikanische Variante von SARS-CoV-2 konnte einen Teil dieser Tiere infizieren, während solche Infektionen beim Kombi-Impfstoff nicht auftraten. Bei der Kontrollgruppe, die mit Noroviren geimpft war, kam es zu Infektionen mit allen Coronavirus-Varianten.
„Der Impfstoff hat das Potenzial, Ausbrüche zu verhindern, wenn er eingesetzt wird, sobald eine neue Variante entdeckt wird“, erklärt Ralph Baric. Die aktuellen Ergebnisse belegen somit, dass der Ansatz der chimären Spike-Proteine grundsätzlich verwendet werden könnte. Sollten weitere Tierversuche ebenfalls erfolgreich verlaufen, könnten zeitnah klinische Studien am Menschen erfolgen.
„Unsere Ergebnisse sind vielversprechend für die Zukunft, weil sie darauf hindeuten, dass wir universellere Pan-Coronavirus-Impfstoffe entwerfen können, um proaktiv gegen Viren zu schützen, von denen wir wissen, dass sie ein Risiko für das Auftreten beim Menschen haben. Mit dieser Strategie können wir vielleicht ein SARS-CoV-3 verhindern“, konstatiert Martinez.