Robert Klatt
Ein Vitamin-D-Mangel begünstigt schwere Covid-19-Krankheitsverläufe und vervierfacht bei Patienten über 40 Jahren das Sterberisiko.
Boston (U.S.A.). Vitamin D ist nicht nur essenziell für eine normale Nervenfunktion und den Knochenbau des Menschen, sondern unterstützt Immunzellen, die unter anderem Viren, die Atemwerkserkrankungen auslösen, abwehren. Besonders in den dunklen Jahreszeiten kommt es bei älteren Menschen jedoch oft zu einem Vitamin-D-Mangel. Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen, dass in Deutschland etwa 15 Prozent aller Erwachsenen einen Vitamin-D-Mangel haben, 40 Prozent sind leicht unterversorgt. Definiert ist ein Vitamin-D-Mangel als weniger als 30 Nanogramm pro Milliliter Vitamin im Blut.
Wissenschaftler der Boston University School of Medicine (BUSM) und der Tehran University of Medical Sciences (TUMS) um Zhila Maghbooli haben deshalb untersucht, ob der Vitamin D den Krankheitsverlauf und das Sterberisiko bei Covid-19 verändert. Dazu haben die Forscher laut der im Fachmagazin PLOS ONE publizierten Studie Vitamin-D-Werte von 235 Covid-19-Patienten in Beziehung zu ihrem Krankheitsverlauf analysiert. Die 20 bis 90 Jahre alten Patienten sind zuvor mit typischen Symptomen zur stationären Behandlung eingewiesen worden.
Dabei zeigte sich, dass Covid-19-Patinenten mit weniger als 30 Nanogramm Vitamin D pro Milliliter Blut im Mittel schwerer erkranken, häufiger eine Sauerstoffarmut entwickeln und öfter Biomarker für schwere Entzündungen im Blut besitzen. Laut den Studienautoren „starben nur 9,7 Prozent von den Patienten älter als 40 Jahren, die ausreichend mit Vitamin D versorgt waren, bei den Patienten mit Vitamin-D-Mangel waren es 20 Prozent.“
Menschen mit ausreichend Vitamin D haben hingegen im Mittel deutlich mildere Covid-19-Krankheitsverläufe. Laut Maghbooli „wiesen Patienten, die genügend Vitamin D im Blut hatten signifikant geringere Entzündungswerte auf und hatten eine höhere Zahl von Lymphozyten im Blut.“ Dies ist wie die Wissenschaftler erklären ein Hinweis darauf, dass „eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung die Immunfunktion dieser Patienten unterstützt hat.“
Die Studienergebnisse bestätigen damit laut den Wissenschaftlern die bereits bekannte immunmodulierende Wirkung von Vitamin D. Die milderen Krankheitsverläufe werden demnach verursacht, weil Vitamin D durch die Ausschüttung von antimikrobiellen Peptiden wie Defensin und Cathelicidin, die Abwehr von Viren fördert. Überdies unterdrückt Vitamin D die Bildung von Entzündungsbotenstoffe in den Abwehrzellen.
Laut Co-Autor Michael Holick „liefert die Studie nun den direkten Beleg dafür, dass eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung die Komplikationen bei Covid-19 verringern kann, darunter auch den Zytokinsturm und letztlich den Tod durch das Coronavirus.“
Die Wissenschaftler empfehlen deshalb besonders Risikogruppen ihren Vitamin-D-Wert überprüfen zu lassen und bei einem Mangel zum Ausgleich Nahrungsergänzungsmittel zu verwenden. Menschen, die bereits einen ausreichend hohen Vitamin-D-Spiegel von mindestens 50 Nanogramm pro Milliliter besitzen, profitieren laut den aktuellen Studienergebnissen aber nicht von zusätzlichem Vitamin D.
PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0239799