Robert Klatt
Das Gehirn erlernt durch die typische westliche Ernährungsweise unbewusst fett- und zuckerreiche Lebensmittel zu bevorzugen. Verursacht wird dies primär durch das für Motivation und Belohnung verantwortliche Dopamin-System.
Köln (Deutschland). In den westlichen Industrieländer bevorzugen viele Menschen ungesunde und kalorienreiche Lebensmittel, die der Gesundheit nicht zuträglich sind. Wissenschaftler des Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung und der Yale University um Sharmili Edwin Thanarajah stellten die These auf, dass das Gehirn die Präferenz für Süßigkeiten und salzige Snacks selbstständig erlernt.
„Unser Hang zu fett- und zuckerreichen Lebensmitteln, typisch für die westliche Ernährungsweise, könnte in unserer Natur liegen oder eine Konsequenz von Übergewicht sein. Aber wir vertreten die These, dass das Gehirn diese Präferenz eigenständig erlernt.“
Um diese Annahme zu überprüfen, verabreichten die Wissenschaftler laut einer Publikation im Fachmagazin Cell Metabolism Probanden über acht Wochen täglich einen kleinen, fett- und zuckerreichen Pudding zusätzlich zu ihrer gewohnten Ernährung. Eine andere Gruppe erhielt einen Pudding mit der gleichen Kalorienzahl, allerdings mit reduziertem Fettanteil. Vor und während des Experiments wurde die Gehirnaktivität der Teilnehmer erfasst.
Die Gehirnreaktion auf Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt war bei der Gruppe, die den fett- und zuckerreichen Pudding aß, nach acht Wochen erheblich stärker. Insbesondere wurde das für Motivation und Belohnung verantwortliche Dopamin-System im Gehirn verstärkt angeregt, erklärt Marc Tittgemeyer.
„Unsere Messungen der Gehirnaktivität zeigten eine Neukonfiguration des Gehirns durch den Verzehr von Chips und ähnlichem. Unbewusst entwickelt es eine Präferenz für Nahrung, die eine Belohnungsreaktion hervorruft. Durch diese neuronalen Veränderungen ziehen wir unbewusst immer Nahrungsmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt vor.“
Im Studienverlauf stellten die Forscher überdies fest, dass die Testpersonen nicht mehr Gewicht zulegten als die Kontrollgruppe, und auch ihre Blutwerte, wie Blutzucker oder Cholesterin, blieben unverändert. Trotzdem sind die Wissenschaftler überzeugt, dass die Vorliebe für zuckerreiche Lebensmittel auch nach Abschluss der Studie bestehen bleibt.
„Im Gehirn bilden sich neue Netzwerke, und diese lösen sich nicht so schnell auf. Schließlich ist das Wesen des Lernens, dass einmal Erlerntes nicht so schnell vergessen wird.“
Cell Metabolism, doi: 10.1016/j.cmet.2023.02.015