Robert Klatt
Es ist seit langem bekannt, dass der Körper beim Fasten seine Energiequelle von Glukose auf Fettreserven umstellt. Nun wurden erstmals die molekularen Anpassungen des Fastens und die dadurch ausgelösten Veränderungen in unterschiedlichen Organen beobachtet.
London (England). Menschen waren in ihrer Evolutionsgeschichte oft darauf angewiesen, längere Zeiten ohne Nahrung zu überstehen. Heute fasten Menschen vor allem aus medizinischen, kulturellen und persönlichen Gründen, etwa um Übergewicht abzubauen. Die Wissenschaft hat bereits mit zahlreichen Studien belegt, dass der Körper des Menschen während des Fastens seine Energiequelle ändert und statt aufgenommenen Kalorien die gespeicherten Fettreserven verwendet.
Obwohl diese Energieumstellung seit Langem bekannt ist, waren die Reaktionen des Körpers beim Fasten und die gesundheitlichen Auswirkungen bisher weitestgehend unerforscht. Moderne Techniken, mit den tausende Proteine im Blut gemessen werden können, haben jedoch neue Möglichkeiten eröffnet, die molekularen Anpassungen des Körpers an das Fasten zu analysieren.
Wissenschaftler der Queen Mary University of London (QMUL) haben nun im Fachmagazin Nature Metabolism eine Studie publiziert, die die molekularen Mechanismen des Fastens detailliert untersucht hat. An der Studie haben zwölf gesunde Menschen teilgenommen, die für sieben Tage nur Wasser konsumiert haben. Die Forscher haben die Konzentrationen von etwa 3.000 Proteinen im Blut der Probanden vor, während und nach dem Fasten gemessen. Sie konnten so die Reaktionen des Körpers auf die fehlende Kalorienzufuhr und die potenziellen gesundheitlichen Auswirkungen untersuchen.
In den ersten zwei bis drei Tagen des siebentägigen Wasserfastens hat der Körper die Energiequelle von Glukose auf Fettreserven umgestellt. Die Probanden haben im nur siebentägigen Studienzeitraum im Mittel 5,7 Kilogramm Körpergewicht verloren, bestehend aus Fett- und Muskelmasse. Innerhalb von nur drei Tage nach der Fastenzeit haben die Teilnehmer die verlorene Muskelmasse nahezu vollständig wiederhergestellt, während der Fettverlust bestehen blieb.
Die neue Beobachtungsmethode zeigt erstmals, dass es nach drei Tagen Fasten zu Veränderungen in den Proteinspiegeln kam. Die Veränderungen waren in einem Drittel der gemessenen Proteine signifikant und es waren alle wichtigen Organe betroffen. Neben den Veränderungen im Stoffwechsel hat das Fasten auch Proteine beeinflusst, die die unterstützenden Strukturen von Neuronen im Gehirn bilden. Dies zeigt laut den Forscher, dass Fasten eine ganzheitliche Reaktion des Körpers auslöst.
„Zum ersten Mal können wir auf molekularer Ebene beobachten, was im Körper während des Fastens geschieht. Fasten, wenn es sicher durchgeführt wird, ist eine wirksame Methode zur Gewichtsreduktion. Beliebte Diäten, die Fasten integrieren, wie das intermittierende Fasten, behaupten, gesundheitliche Vorteile über die Gewichtsreduktion hinaus zu bieten. Unsere Ergebnisse liefern Beweise für diese Vorteile, die jedoch erst nach drei Tagen vollständiger Kalorienrestriktion sichtbar wurden – später, als wir bisher angenommen hatten.“
Die Studienautoren erklären, dass die neuen Erkenntnisse dabei helfen können, innovative therapeutische Ansätze für verschiedene Krankheiten zu entwickeln, auch für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht fasten können.
„Unsere Ergebnisse liefern eine Grundlage für uralte Erkenntnisse darüber, warum Fasten bei bestimmten Erkrankungen eingesetzt wird. Auch wenn Fasten bei der Behandlung einiger Krankheiten hilfreich sein kann, ist es für viele Patienten aufgrund ihres Gesundheitszustands oft keine Option. Wir hoffen, dass unsere Forschung Erkenntnisse liefert, die zur Entwicklung von Behandlungen führen können, die auch für diese Patienten geeignet sind.“
Nature Metabolism, doi: 10.1038/s42255-024-01008-9