Robert Klatt
Tierversuche haben belegt, dass der Wirkstoff Triethylenglycol (TEG) der Schlafbeere (Ashwagandha) die Schlafqualität deutlich erhöht. Laut der bisherigen Studienlage existieren keine Nebenwirkungen und kein Suchtpotenzial. Die Schlafbeere könnte deshalb auch in der westlichen Medizin problematische Medikament ersetzen.
Tsubaka (Japan). Die Schlafbeere (Ashwagandha) wird in der traditionellen indischen Medizin (TIM), die auch als Ayurveda bekannt ist, als Medikament gegen Entzündungen, Depressionen, schwache Potenz, Schlaflosigkeit und weiterer körperlicher und psychischer Probleme genutzt. Weitere Anwendungsmöglichkeiten der Heilpflanze, die laut alten Ayurveda-Texten zu einer „Klärung und Beruhigung des Geistes“ führen kann, findet man hier. Inzwischen wird Ashwagandha auch in der westlichen Medizin als Schlafhilfe genutzt, die nicht nur das Einschlafen erleichtern soll, sondern auch die Tiefschlafphasen verlängert.
In Deutschland leiden etwa 10 bis 15 Prozent der Gesamtbevölkerung an Schlafstörungen, bei Senioren sind es laut Schätzungen mehr als die Hälfte. Die schlechte Schlafqualität und die unzureichende Schlafdauer führen häufig zu Herz- und Gefäßkrankheiten sowie Angststörungen und Depressionen. In der Regel werden Schlafstörungen deshalb mit Medikamenten behandelt, die Benzodiazepine enthalten. Aufgrund teilweise starker Nebenwirkungen ist deren Einsatz in der Medizin allerdings umstritten.
Wissenschaftler der University of Tsukuba haben nun untersucht, ob die schlaffördernde Wirkung tatsächlich existiert und welche Inhaltsstoffe der Ashwagandha dafür verantwortlich sind. Laut der im Fachmagazin PLOS ONE publizierten Studie extrahierten die Forscher dazu verschiedene Wirkstoffe der Heilpflanze, die anschließend Mäusen verabreicht wurden. Es konnte so beobachtet werden, welche Auswirkungen einzelne Bestandteile der indischen Heilpflanze auf den Schlafprozess der Tiere haben.
Dabei entdeckten die Wissenschaftler um Mahesh Kaushik und Yoshihiro Urade, dass die chemische Verbindung Triethylenglycol (TEG) bei Mäusen das Einschlafen erleichtert und die Schlafdauer erhöht, ohne dabei die durch Tiefschlafphasen gekennzeichnete Schlafqualität zu reduzieren. Gemessen wurde die Schlafqualität der Mäuse anhand der Hirnströme (EEG) und der elektrischen Muskelaktivität (EMG), die über implantierte Elektroden aufgezeichnet wurden.
Die nun veröffentlichten Studiendaten zeigen, dass zumindest bei Mäusen aus der Schlafbeere extrahiertes TEG und TEG als synthetisierte Reinsubstanz problemlos eingesetzt werden kann. Wie die Messungen zeigen verlängert der natürliche Wirkstoff die Dauer der Non-REM-Phasen und erhöht die Delta-Aktivität während dieser Phasen, die typischerweise vor allem in REM-Phasen auftritt. Eine Beeinflussung der REM-Phasen, in denen die Träume stattfinden, erfolgte bei den Mäusen hingegen nicht. Die Polysomnografie zeigt laut den Studienautoren deshalb insgesamt einen natürlichen Schlafverlauf.
In der Medizin wird TEG als synthetisierter Wirkstoff bisher nicht genutzt. Weitere Studien sollen nun erneut belegen, dass TEG im Gegensatz zu anderen Schlafmitteln keine Nebenwirkungen auslöst und kein Suchtpotenzial besitzt. Sollten klinische Studien mit menschlichen Probanden positiv verlaufen, könnte Ashwagandha auch im Westen deutlich häufiger von Ärzten verabreicht werden und problematische Medikamente ersetzen.
Laut den Studienautoren wird „Triethylenglycol bisher hauptsächlich in der Industrie genutzt.“ Details über den biologischen Wirkmechanismus und wie der Wirkstoff aus dem Darm in die Blutbahn gelangt, liegen daher noch nicht vor. Auch ob die Blut-Hirn-Schranke überwunden wird, konnte die Wissenschaft bisher nicht herausfinden.
PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0172508