Robert Klatt
Forscher arbeiten an der Erschaffung von Spiegelbakterien, deren gesamter Organismus aus Spiegelmolekülen besteht. Nun haben Wissenschaftler einen offenen Brief publiziert, der ein Verbot der Schaffung von Spiegelmikroben fordert, weil diese eine neue Pandemie auslösen könnten.
Stanford (U.S.A.). Die meisten Moleküle können in zwei unterschiedlichen, spiegelsymmetrischen Formen existieren. Die natürliche DNA aller Lebensformen besteht etwa aus rechtsdrehenden Nukleotiden und die Proteine, aus denen die Zellen bestehen, aus linkshändigen Aminosäuren. Die Wissenschaft hat bereits funktionsfähige Spiegelmoleküle von einigen größeren Molekülen künstlich hergestellt. Diese Spiegelmoleküle werden unter anderem für die Behandlung von chronischen Krankheiten verwendet.
Einige Forschungseinrichtungen arbeiten zudem an der Erschaffung von Spiegelbakterien, also kleinen Lebensformen, deren gesamter Organismus aus Spiegelmolekülen besteht. Diese soll unter anderem in Bioproduktionsanlagen verwendet werden, um diese widerstandsfähiger gegen Kontamination zu machen.
Viele Wissenschaftler sind jedoch der Ansicht, dass Spiegelbakterien ein potenziell tödliches Risiko für den Menschen sind, weil das Immunsystem diese wahrscheinlich nicht bekämpfen können. Es könnte deshalb zu neuen Infektionen kommen, die sich schnell ausbreiten und im schlimmsten Fall zu einer neuen Pandemie führen.
Angesichts dieses Risikos haben nun 38 renommierte Wissenschaftler, darunter auch Nobelpreisträger, im Fachmagazin Science eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie ein Verbot der Schaffung von Spiegelmikroben fordern. Laut den Autoren wird es zwar noch mindestens zehn Jahre dauern, bis Wissenschaftler Spiegelbakterien erschaffen können. Angesichts des hohen Risikos, das die Forscher in einer Risikobewertung im Stanford Digital Repository erklären, ist eine globale Debatte über das Thema bereits jetzt nötig.
Science, doi: 10.1126/science.ads9158
Stanford Digital Repository, doi: 10.25740/cv716pj4036
