Robert Klatt
Händler fürchten, dass fehlende Parkplätze zu ausbleibender Kundschaft führen. Eine Studie zeigt nun, dass Parkplätze vor dem Geschäft dem Einzelhandel schaden, anstatt ihm zu nützen.
Aachen (Deutschland). In vielen Städten werden in den Innenstädten Parkplätze und Straßen zunehmend rückgebaut und in Flächen für Fußgänger und Fahrradfahrer umgewandelt. Die dänische Hauptstadt Kopenhagen möchte Autos mit Verbrennungsmotor zeitnah sogar im gesamten Stadtgebiet verbieten. Kritiker dieser Maßnahmen sind der Ansicht, dass autofreie Zonen den Geschäften vor Ort schaden.
Es gibt aber bereits unterschiedliche Untersuchungen, darunter eine Studie des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit (RIFS), die im Fachmagazin Transport Findings publiziert wurde, laut denen Händler die Rolle des Autos bei ihren Kunden überschätzen. Forscher Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen) um Laura Merten haben nun erneut untersucht, ob und wie Parkplätze den Einzelhandel beeinflussen.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Journal of Transport Geography haben die Wissenschaftler für ihre Studie Daten zu Einzelhandelsmieten aus dem Zeitraum zwischen 2015 und 2022 analysiert. Je höher die Quadratmeterpreise der Einzelhandelsflächen waren, umso attraktiver bewerteten die Studienautoren diese. Dabei rechneten sie den Einfluss der Covid-19-Pandemie, die zu einem starken Einbruch der Mieten geführt hat, heraus.
Analysiert wurden ausschließlich Geschäfte in der Aachener Innenstadt. Laut den Forscher können die Ergebnisse aber auf die meisten anderen europäischen Städte übertragen werden, weil diese ebenfalls historisch gewachsen sind und ähnliche Probleme haben.
Anschließend haben die Wissenschaftler mit einem räumlichen Modell untersucht, wie die Mietpreise mit anderen Faktoren, etwa die Lage in einer Fußgängerzone oder die Entfernung zur nächsten ÖPNV-Haltestelle, zusammenhängen. Den größten Einfluss auf die Miethöhe hat demnach die Entfernung zu Parkplätzen.
Das Untersuchungsergebnis erscheint auf den ersten Blick paradox. Eine hohe Anzahl an Straßenparkplätzen im unmittelbaren Umkreis von 100 Metern rund um ein Geschäftslokal reduziert die Miethöhe. Parkmöglichkeiten, die in weiter gefassten Zone zwischen 100 und 500 Metern Entfernung liegen, wirken sich hingegen positiv aus.
„Unsere Erkenntnisse zeigen, dass man Straßenparkplätze in Innenstädten deutlich reduzieren könnte, um den Platz in der Straße anders zu nutzen – wenn man gleichzeitig die vorhandene Kapazität in den Parkhäusern besser ausnutzt.“
Das Ergebnis ist laut den Autoren trotzdem plausibel. Geschäftsflächen entfalten demnach ihren vollen Wert, wenn die Straße davor nicht von parkenden Autos überfüllt ist. Gleichzeitig ist es von Vorteil, wenn ausreichend Parkraum in akzeptabler Gehentfernung verfügbar ist.
Transport Findings, doi: 10.32866/001c.24497
Journal of Transport Geography, doi: 10.1016/j.jtrangeo.2023.103733