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9,99 €, 10 € oder 9,87 € – So beeinflusst die Kultur die Preisgestaltung

 Robert Klatt

Preisschild in einem Supermarkt )kcotS ebodAnaeJ ymmaJ(Foto: © 

In unterschiedlichen Ländern werden runde Preise, knapp darunter Preise und präzise Preise bevorzugt. Dies liegt vor allem an den unterschiedlichen kulturellen Dimensionen, die auch das Konsumverhalten des Menschen beeinflussen.

Lüneburg (Deutschland). In der Ökonomie ist es seit Langem bekannt, dass die Kultur das Konsumverhalten beeinflusst. Forscher der Leuphana Universität Lüneburg haben nun untersucht, wieso in unterschiedlichen Ländern runde Preise wie z. B. 10 Euro, knapp darunter Preise wie z. B. 9,99 Euro oder präzise Preise wie z. B. 9,87 Euro bevorzugt werden.

Die Wissenschaftler haben dazu laut ihrer Publikation im Fachmagazin Frontiers in Behavioral Economics Preisdaten aus 23 Ländern analysiert und diese mit der jeweiligen Kultur verknüpft. Sie konnten so ermitteln, dass die Preisgestaltung nicht nur von ökonomischen Faktoren abhängt, sondern auch von kulturellen Dimensionen eines Landes beeinflusst wird.

„Da Kultur das Verhalten, die Wahrnehmung und Emotionen stark beeinflusst – warum nicht auch die Preisgestaltung. Unsere Ergebnisse zeigen einen Zusammenhang zwischen Preisendungen und kulturellen Werten.“

Kulturelle Dimensionen beeinflussen Preise

Die Studie hat sich auf die kulturellen Dimensionen Individualismus, Unsicherheitsvermeidung und langfristige Orientierung konzentriert. Im Individualismus nehmen sich Menschen als eigenständige Individuen wahr und legen großen Wert auf persönliche Unabhängigkeit. In Gesellschaften mit hoher Unsicherheitsvermeidung ist das Bedürfnis nach Stabilität und Vorhersehbarkeit hoch und Menschen versuchen Risiken zu minimieren und bevorzugen klare Strukturen. In Kulturen mit einer starken langfristigen Orientierung liegt der Fokus auf der Zukunft und Menschen verzichten auf kurzfristige Erfolge, um langfristige Stabilität zu erreichen.

Produktpreise in individualistischen Ländern

Typische Länder mit hoher Individualität sind Australien, Kanada und die Niederlande. In diesen Ländern sind runde Preise häufig. Laut den Forschern liegt dies daran, dass der Preis im Individualismus oft stark mit der Qualität des Produkts verbunden wird.

„Entgegen unserer Erwartungen war ein hoher Individualismus mit der stärkeren Verwendung runder Preise verbunden, während knapp-darunter-Preise seltener vorkamen. Das könnte daran liegen, dass Einzelhändler in individualistischen Kulturen knapp-darunter-Preise als Signal für minderwertige Produkte wahrnehmen und stattdessen runde Preise nutzen, um eine hochwertige Markenidentität zu bewahren.“

Produktpreise in Ländern mit Unsicherheitsvermeidung

Länder mit Unsicherheitsvermeidung sind unter anderem Griechenland, Portugal und Belgien. In diesen Ländern sind knapp-darunter-Preise stark verbreitet, unter anderem, weil sie vermeintliche Schnäppchen zeigen.

„Diese Preise suggerieren günstigere Kosten und Schnäppchen. Deshalb setzen Händler in solchen Kulturen verstärkt auf knapp-darunter-Preise, um Kunden ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu signalisieren.“

Produktpreise in Ländern mit langfristiger Orientierung

In Ländern mit langfristiger Orientierung wie Deutschland, Spanien und Estland gibt es oft runde Produktpreise. Diese vermitteln laut den Forschern Qualität und Vertrauen.

„Runde Preise können Qualität und Vertrauen vermitteln und helfen Händlern, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen.“

Die Forscher erklären, dass die Studienergebnisse in einer globalisierten Welt, in der Unternehmen über Ländergrenzen hinweg konkurrieren, von hoher Bedeutung sind. Sie zeigen, dass kulturelle Unterschiede eine entscheidende Rolle in der Preisgestaltung spielen und Unternehmen ihre Preisstrategien an die unterschiedlichen Kulturen anpassen sollten.

„Unternehmen stehen vor unterschiedlichen Preiserwartungen. Unsere Forschung hilft, diese Erwartungen besser zu verstehen und zeigt, wie Händler ihre Preisstrategien an kulturelle Gegebenheiten anpassen können.“

Frontiers in Behavioral Economics, doi: 10.3389/frbhe.2025.1296207

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