Robert Klatt
Das AfD-Wirtschaftsprogramm sieht hohe Steuersenkungen, höhere Ausgaben für die Bundeswehr und eine deutlich höhere Rente vor. Führende Ökonomen kritisieren das Programm als unrealistisch und gefährlich für den Wohlstand.
Berlin (Deutschland). In Deutschland dominieren die Themen Migration und Wirtschaft den aktuellen Wahlkampf. Die Alternative für Deutschland (AfD) hat kürzlich ihr Programm für die Bundestagswahl publiziert, das unter anderem vorsieht, die Einkommens-, Unternehmens-, Umsatz- und Energiesteuern zu senken und die Grund-, Erbschafts- und Grunderwerbsteuer für Immobilieneigennutzer komplett zu streichen.
Inzwischen haben mehrere führende Ökonomen das Wirtschaftsprogramm der AfD kritisiert, darunter auch Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
„Die Wirtschaftspolitik der AfD würde das deutsche Wirtschaftsmodell zerstören - ohne zu sagen, was stattdessen kommen soll.“
Das AfD-Wirtschaftsprogramm sieht neben den deutlichen Steuersenkungen auch deutlich höhere Ausgaben für die Bundeswehr vor und ein Rentenniveau, das von aktuell 49,4 Prozent, langfristig auf 70 Prozent des letzten Nettolohns steigen soll. Joachim Ragnitz, der stellvertretende Leiter des Ifo-Instituts, bezeichnet diese Forderung als völlig unrealistisch.
„Ein großartiges Versprechen, das bestimmt viele Wähler gern hören. Aber es ist natürlich völlig unrealistisch, weil das gar nicht zu bezahlen wäre.“
Außerdem möchte die AfD die Energiewende rückabwickeln und die bereits installierten Windkraftanlagen abreißen, unter anderem, weil erneuerbare Energien laut der Partei ohne Subventionen nicht wettbewerbsfähig sind. In Deutschland haben erneuerbare Energien jedoch einen immer höheren Anteil an der Stromproduktion. Fratzscher bezeichnet die Forderung deshalb als bewusste Lüge der Partei.
„Das ist entweder völlige Inkompetenz oder eine bewusste Lüge. Atomkraft und fossile Energieträger sind schon heute deutlich teurer als erneuerbare Energien. Das besagt ausnahmslos jede Studie.“
Eine ähnliche Position vertritt auch Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), der die Forderungen der Partei um Alice Weidel als irreführend bezeichnet. Ein Ende der Energiewende ist laut ihm schon deshalb nicht zeitnah möglich, weil eine Rückkehr zur Atomkraft mehrere Jahrzehnte dauern würde.
„Hinzu kommt, dass abgesehen von der ungelösten Frage der Entsorgung des radioaktiven Abfalls auch noch die Risiken dieser Technologie eingepreist werden müssten. Damit aber würde Atomstrom deutlich teurer als erneuerbare Energien.“
In einem Entwurf des Wahlprogramms hat die AfD zudem einen Dexit gefordert, also den Austritt der Bundesrepublik aus der Europäischen Union (EU). Eine Studie des IW Köln hat bereits gezeigt, dass dadurch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland stark sinken würde. Inzwischen ist die Forderung nicht mehr im Wahlprogramm enthalten. Die AfD möchte aber noch immer, dass die an die EU übertragenen Kompetenzen wieder an die einzelnen Nationalstaaten übergehen.
Laut Johannes Kirchhoff, dem geschäftsführenden Gesellschafter des Autozulieferers Kirchhoff, würde Deutschland durch einen Dexit die eigene Wirtschaft zerstören.
„Mit einem Austritt aus der EU oder dem Euro würde Deutschland wirtschaftlichen Selbstmord begehen.“
Diese Meinung hat auch Wolfgang Große Entrup, der Hauptgeschäftsführer des Verbands der chemischen Industrie (VCI).
„Aus der EU und dem Euro auszusteigen, ist ein wirtschaftspolitisches Kamikazeszenario. Für die Chemie- und Pharmaindustrie sei Europa der wichtigste Absatzmarkt.“