Robert Klatt
Der Mindestlohn in Deutschland wird am 1. Oktober deutlich erhöht. Laut dem Ifo-Institut führt das bei vielen Produkten und Dienstleistungen zu höheren Preisen.
München (Deutschland). Im Juli 2022 wurde der Mindestlohn in Deutschland von 9,82 Euro auf 10,45 Euro erhöht. Ab dem 1. Oktober 2022 müssen Unternehmen ihren Angestellten mindestens ein Gehalt von 12 Euro pro Stunde bezahlen. Eine Studie des Ifo-Instituts kam nun zu dem Ergebnis, dass die Anhebung des Mindestlohns bei vielen Produkten und Dienstleistungen zu höheren Preisen führen wird.
Knapp ein Drittel (30,7 %) der 6.900 befragten Unternehmen gab an, aktuell Mitarbeiter zu unter 12 Euro pro Stunde zu beschäftigten. Mehr als die Hälfte (58,3 %) gab an, dass sie als Reaktion auf den höheren Mindestlohn ihre Preise anheben werden. Wie der ifo-Arbeitsmarktexperte Sebastian Link erklärt, wird die Entwicklung die Inflation erhöhen.
„Das dürfte die ohnehin schon große Inflation weiter antreiben.“
Einen Stellenabbau als Reaktion auf den höheren Mindestlohn planen nur wenige Unternehmen (12,7 %). Die übrigen Firmen wollen die Anzahl der Beschäftigten beibehalten (82,7 %) oder erhöhen (5,1 %).
Ein Teil der betroffenen Unternehmen (18,3 %) plant, ab dem 1. Oktober die durchschnittliche Arbeitszeit der Beschäftigten zu reduzieren. Außerdem sind Kürzungen bei zusätzlichen Lohnbestandteilen wie Sonderzahlungen, Boni und geldwerten Vorteilen als Reaktion auf die höheren Lohnkosten bei einigen Firmen (17,6 %) geplant. Weitere Maßnahmen, um die höheren Lohnkosten auszugleichen, sind geringere Investition in Fortbildungsmaßnahmen (21,3 %) und Qualifizierungsmaßnahmen (11,1 %).
„Die große Mehrheit der betroffenen Unternehmen plant demnach nicht, die teurer gewordenen Arbeitskräfte durch Kapital zu ersetzen oder in das Wissen der Beschäftigten zu investieren, um deren Produktivität zu steigern.
Knapp die Hälfte der direkt betroffenen Unternehmen (49,4 %) befürchtet, dass ihre Einkaufspreise durch die Mindestlohnanhebung steigen. Bei den nicht direkt betroffenen Unternehmen ist der Anteil (29 %) deutlich geringer. Zudem befürchten die betroffenen Unternehmen geringere Gewinne (52,8 %), eine abnehmende Wettbewerbsfähigkeit (32,4 %) und eine geringe Nachfrage nach ihren Produkten oder Dienstleistungen (23,3 %).
Die Auswirkungen der Mindestlohnerhöhung sind je nach Region und Branche unterschiedlich stark. In Westdeutschland beschäftigten weniger als ein Drittel (29,1 %) der Unternehmen Menschen für unter 12 Euro pro Stunde, im Osten sind es deutlich mehr (39,9 %). Besonders stark betroffen sind von der Änderung die Gastronomie (78 %), die Textilindustrie (71,9 %), der Beherbergungssektor (65,1 %), die Zeitarbeit (63,5 %) und die Genussmittelindustrie (61,4 %), wo aktuell viele Beschäftigte für weniger als 12 Euro pro Stunde arbeiten.