Robert Klatt
In Deutschland gibt es etwa 860.000 Menschen, die trotz einer Arbeit Hartz-IV benötigen. Besonders oft betroffen sind alleinerziehende Familien.
Gütersloh (Deutschland). Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung sind in Deutschland viele Menschen trotz Arbeit Leistungsbeziehende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Als Basis der Studie dient das Panel „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“, für das 12.000 Personen ab 15 Jahren ab 2006/07 jährlich zu ihrer materiellen und sozialen Lage interviewt werden. Ergänzt wurden die Daten durch Statistiken der Bundesagentur für Arbeit.
Etwa 860.000 Menschen beziehen demnach trotz ihrer Erwerbstätigkeit Hartz-IV. Sie haben damit einen Anteil von über einem Fünftel (22 %) an den Hartz-IV-Empfängern.
Am häufigsten müssen laut der Langzeitanalyse alleinerziehende Eltern ihr Arbeitseinkommen aufstocken. Rund ein Sechstel (16 %) der erwerbstätigen Alleinerziehenden erhält zusätzlich SGB-II-Leistungen. „Alleinerziehende haben eine hohe Motivation, erwerbstätig zu sein. Doch für sie ist es besonders schwer, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Es ist erschreckend, dass ein so hoher Anteil der Alleinerziehenden trotz Arbeit auf Transferleistungen angewiesen ist, um das Existenzminimum für sich und ihre Kinder zu sichern“, kommentiert Anette Stein, Expertin für Familienpolitik die Situation.
Laut der Studie beeinflusst vor allem die Erwerbssituation, ob aufgestockt wird oder nicht. Je niedriger der Stundenlohn und je geringer die Arbeitszeit einer Person ist, umso höher ist Wahrscheinlichkeit, dass zusätzlich SGB-II-Leistungen bezogen werden müssen. Fast die Hälfte (46 %) der Aufstocker übt nur eine geringfügige Beschäftigung aus. Mehr als drei Viertel arbeiten im Niedriglohnsektor. Dies erhöht besonders bei Alleinerziehenden das Aufstocker-Risiko signifikant.
Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit, trotz Arbeit SGB-II-Leistungen beziehen zu müssen bei sowohl bei Alleinerziehenden als auch Paaren mit Kindern im Vergleich zu Singles und kinderlosen Paaren deutlich höher. Dies trifft vor allem zu, wenn im Haushalt Kinder unter zwölf Jahren leben. „Jüngere Kinder benötigen zumeist mehr Zeit und Fürsorge. Doch vielfach fehlen Betreuungsstrukturen oder -angebote, die es Eltern und insbesondere Alleinerziehenden ermöglichen würden, einen Beruf in Vollzeit oder auch, wie in der Schichtarbeit, zu bestimmten Zeiten auszuüben“, erklärt Stein.