Robert Klatt
Die Weltbevölkerung könnte laut einer Modellrechnung 2040 ihren Höchststand erreichen, wenn deutlich größere Investitionen in die Armutsbekämpfung erfolgen. Bleiben diese aus, hält das Bevölkerungswachstum bis 2100 an.
Rom (Italien). Laut Daten der Vereinten Nationen (UN) hat sich die Weltbevölkerung zwischen 1950 und 2020 mehr als verdreifacht. Im November 2022 lebten erstmals mehr als acht Milliarden Menschen auf der Erde. Die internationale Initiative Earth4All hat nun eine Prognose des Bevölkerungswachstums für die kommenden Jahrzehnte erstellt. Laut ihrer Studie (PDF) simulierten die Forscher dazu zwei mögliche Szenarien für die Zukunft.
Im ersten Szenario „Too Little Too Late“ („Zu wenig, zu spät“) entwickelt sich die Weltwirtschaft ähnlich weiter wie in den letzten 50 Jahren. In diesem Fall würde die Bevölkerung 2046 ihren Höchststand von 8,6 Milliarden Menschen erreichen und bis 2100 auf 7,3 Milliarden Menschen sinken. Wie Beniamino Callegari, Mitglied des Earth4All-Modellierungsteams, erklärt, ist die aktuelle ökonomische Situation unzureichend, um das Bevölkerungswachstum frühzeitig zu bremsen.
„Die derzeitigen wirtschaftlichen Wachstumspfade reichen bereits aus, um das globale Bevölkerungswachstum bis zur Mitte des Jahrhunderts zum Stillstand zu bringen.“
Im zweiten Szenario „Giant Leap“ (Riesensprung) würde die Weltbevölkerung bereits 2040 ihren Höchststand von 8,5 Milliarden Menschen erreichen und bis zum Ende des Jahrhunderts auf etwa 6 Milliarden Menschen zurückgehen. Möglich ist dieses Szenario aber nur, wenn große Investitionen in die Armutsbekämpfung erfolgen. Laut Per Espen Stoknes, Leiter des Earth4All-Projekts, werden die Auswirkungen einer raschen wirtschaftlichen Entwicklung auf das Bevölkerungswachstum oft unterschätzt.
„Wir wissen, dass eine rasche wirtschaftliche Entwicklung in Ländern mit niedrigem Einkommen enorme Auswirkungen auf die Fruchtbarkeitsziffern hat. Die Fruchtbarkeitsziffern sinken, wenn Mädchen Zugang zu Bildung erhalten und Frauen wirtschaftlich gestärkt werden und Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung haben.“
Eine Studie der UN (PDF) kam hingegen im Sommer 2022 zu dem Ergebnis, dass die Weltbevölkerung einen Höchststand von 10,4 Milliarden Menschen im Jahr 2080 erreichen wird.
Auch die Modellrechnung des renommierten Demografen Wolfgang Lutz vom Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital (WIC) weicht von den Ergebnissen der Initiative Earth4All ab. Laut ihm erreicht die Anzahl der Menschen bei einem schnellen Erreichen der Nachhaltigkeitsziele 2055 ihren Höchststand von 8,7 Milliarden. Das wahrscheinlichste Modell des WIC geht davon aus, dass die Weltbevölkerung 2070 ihren Höhepunkt von 9,8 Milliarden Menschen erreichen wird und dann langfristig sinkt.
Laut dem World Population Prospects der UN ist das prozentuale Wachstum der Weltbevölkerung in den letzten Jahren bereits gesunken. Besonders in wirtschaftlich schwachen Ländern nimmt das Bevölkerungswachstum aber noch immer zu. Bis 2010 werden laut einer Prognose der UN in Afrika etwa 4,3 Milliarden Menschen leben, also etwa 40 Prozent erwarteten Weltbevölkerung. Dies sind rund dreimal so viele Menschen wie aktuell. Getrieben wird die dortige Bevölkerungsentwicklung von zehn Ländern, in denen ab 2050 über die Hälfte aller neugeborenen Menschen stammen werden.