Robert Klatt
Laut einer Befragung von Finanz-Experten wird die Bitcoin-Kursentwicklung in laufenden Jahr die 500 größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen schlagen. Die mangelnde Regulierung und die mit 300 Milliarden Dollar insgesamt relativ geringe Marktkapitalisierungen aller Kryptowährungen verhindert bei einem Teil der institutionellen Anleger aber noch Geschäfte in diesem Sektor.
New York (U.S.A.). Die Wissenschaft hat bisher vor allem Umweltaspekte und technische Faktoren des Bitcoin und anderer Kryptowährungen erforscht. Eine im Jahr 2018 im Fachmagazin Nature Sustainability publizierte Studie kam dabei zu dem Ergebnis, dass die vier größten Kryptowährungen Bitcoin, Ethereum, Litecoin und Monero einen höheren Energieverbrauch pro US-Dollar Gegenwert erzeugen als die Edelmetalle Gold, Platin und Kupfer. Im Jahr 2019 errechneten Wissenschaftler der Technischen Universität München außerdem, dass das Bitcoin-Mining mehr CO2-Emissionen erzeugt als viele kleinere Länder und die Leistung von etwa fünf durchschnittlichen Großkraftwerken beansprucht.
Eine nun vom Blockchain-Analyse-Unternehmen Chainalysis publizierte Studie hat sich hingegen mit den ökonomischen Aspekten des „virtuellen Geldes“ beschäftigt. Die Forscher des Unternehmens haben dazu 350 Finanz-Experten befragt, von denen ein Großteil grade jetzt Bitcoin kaufen für eine sinnvolle Investition hält.
Obwohl Kritiker der Kryptowährung eine Investition auch elf Jahre nach ihrem Release noch als „Zockerei“ bezeichnen, prophezeien 48 Prozent der befragten Finanz-Experten dem Bitcoin im laufenden Jahr eine Kursentwicklung, die sogar den Aktienindex Standards & Poor’s 500 (S&P 500), der die 500 größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen enthält, schlagen wird.
33,2 Prozent der Finanz-Experten halten hingegen den S&P 500 für die aktuell renditestärkste Investitionsmöglichkeit, sehen aber auch beim Bitcoin eine positive Wertentwicklung. Abgeschlagen ist hingegen der Bloomberg Barclays Bond Index, der den Rentenmarkt der U.S.A. abbildet und den nur 12,7 Prozent der Studienteilnehmer das größte Jahresplus prognostizieren sowie den House Pricing Index, den nur 5,5 Prozent der Befragten für die beste Investitionsmöglichkeit halten.
Die Studienteilnehmer wurden außerdem dazu befragt, welche Faktoren sie daran hindern, vermehrt in Bitcoins oder andere Kryptowährungen zu investieren und welche Hindernisse ihrer Ansicht nach ein noch schnelleres Wachstum verhindern. 39 Prozent der Teilnehmer nannten die mangelhaften Kontrollmöglichkeiten illegaler Geschäfte als Hauptgrund dafür, dass sie sich nur eingeschränkt geschäftlich mit Bitcoins beschäftigen.
17,9 Prozent gaben jeweils außerdem an, dass sie zwar gerne institutionell mit Bitcoins handeln würden, die dafür notwendige Erlaubnis ihrer Vorgesetzten dafür allerdings nicht erhalten oder, dass sie nicht mit Bitcoins handeln, weil de regulatorischen Vorschriften es erschweren sich vollkommen gesetzeskonform zu verhalten. Außerdem gaben 25,1 Prozent der Studienteilnehmer an, dass die Marktkapitalisierungen aller Kryptowährungen von etwa 300 Milliarden US-Dollar (Stand Februar 2020) für ihre Institutionen nicht groß genug ist, um sich näher mit ihrem Handel zu beschäftigen.
Verantwortlich für die in vielen Ländern unklaren Gesetze und die im Vergleich zu anderen Finanzprodukten niedrige Marktkapitalisierungen ist laut den Studienteilnehmer vor allem die geringe Verbreitung des Bitcoins und die kaum vorhandene Relevanz bei alltäglichen Geschäften.
43,9 Prozent der Befragten gaben deshalb an, dass sie Bitcoins erst für ihre Geschäfte relevant werden, wenn auch der Kundenbedarf und die Nutzung im Alltag deutlich ansteigt. Faktoren, die den Bitcoin bereits jetzt für institutionelle Anleger interessant machen sind laut den Befragten die Möglichkeit sich als Pionier zu etablieren und das eigene Unternehmen zukunftsweisend zu entwickeln (19,9 Prozent) sowie die Chance bereits jetzt mit dem Bitcoin-Handel Gewinne zu erwirtschaften (17,9 Prozent).
In einigen Kommentaren wurde die Chainalysis Publikation von Kritikern als bloße Meinungsumfrage bezeichnet, die die Maßstäbe einer wissenschaftlichen Studie nicht erfüllt. Besonders die Auswahl der Befragten, die sich ausschließlich aus Teilnehmern der 19. ACAMS Annual AML & Financial Crime Conference in Las Vegas zusammensetzen, wird dabei als problematisch bezeichnet, weil relevante Blickwinkel der Wissenschaft und Finanzwelt deshalb möglicherweise nicht berücksichtigt wurden. Insgesamt dürfte die Befragung auf der Fachkonferenz rund um das Thema Finanzkriminalität aber ein recht objektives Ergebnis liefern, weil die Studienteilnehmer sowohl aus Banken, Kredit- und Finanzinstituten aber auch als Regulierungsbehörden stammen.
Nature Sustainability, doi: 10.1038/s41893-018-0152-7